Kurz vor Marlene Dietrichs (1901–1992) Umzug von Berlin in die USA 1931 schuf de Fiori ihre Büste. Die Premiere des ersten Tonfilms der Schauspielerin, „Der Blaue Engel“, der den Auftakt ihrer Weltkarriere markierte, lag ein Jahr zurück. Der Künstler porträtierte sie quasi im Übergang von Berlin nach Hollywood. Die Modellsitzung war ein wahres Medienspektakel: Dietrich erschien samt Entourage in de Fioris Atelier, der Fotojournalist Harry Croner hielt den Termin mit der Kamera fest, die Presse berichtete. Um die Persönlichkeit und individuellen Gesichtszüge seiner Modelle präzise nachzubilden, verwendete de Fiori Farben, etwa für Lippen, Haare oder Wangen. Bei der Büste Dietrichs kommen die typischen Augenbrauen hinzu, die er in den Stukko einritzte. Während der Sitzung entstanden mehrere Varianten des Kopfes. Ein Exemplar ging an das Stadtmuseum Schöneberg, den Stadtbezirk, in dem die Schauspielerin aufgewachsen war. Ein zweites behielt sie selbst (heutiger Standort unbekannt). Das dritte erwarb die Gesellschaft der Kunstfreunde Berlins, die ihn der Nationalgalerie als Leihgabe überließ. Dieses Stück wurde 1937 als „entartet“ beschlagnahmt, jedoch 1939 mit der Auflage wieder zurückgegeben, es nicht auszustellen. Auch andere deutsche Museen erhielten im nationalsozialistischen Auftrag konfiszierte Werke de Fioris zurück. 1968 ging die Büste regulär in die Sammlung der Nationalgalerie (West) über, da die Gesellschaft der Kunstfreunde nicht mehr existierte. | Sven Haase
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