Immer wieder sezierte Klee blühende weibliche Gestalten zu marionettenhaften Figurinen. Puppenhafte Mädchen und Frauen, die „auf Draht“ sind: „Barbaren-Venus“ (1921; Norton Simon Museum, Pasadena), „Meerweib unter Wasser“ (1921; Zentrum Paul Klee, Bern) oder die Frau, die das „Wissen, Schweigen und Vorübergehn“ zelebriert. Eine bühnenhafte Szene wie beim „Schwarzmagier“ (NG MB 103/2000), doch diesmal mit dem Soloauftritt der Assistentin. Exhibitionistische Zurschaustellung einer fadendünnen, nackten Frau, die Stück für Stück entblößt wird. 1. Schnitt: Trichterartige Beine ohne Füße, daraus erwachsen die Biegung des Leibes und die Rundung der Brust. 2. Schnitt: Der weggeklappte Prothesenarm überquert schneidend die Achselhöhle, Krallenfingerchen berühren spitz den Mund: Lippen „schweigen“. Hinter der Prothesenkralle steigt der rechte Arm zur hochgewölbten, mondhaften Stirn hinauf: Grübeln und „Wissen“. 3. Schnitt: Schräge Augenpartie mit Karo-Brille, lockiges Haar. Lippen, Hals und Brust bilden eine imaginäre Vase, garniert mit dem Achsel-Blatt und der Brustwarze als Rose. Klees Vorübergehende geht und steht nicht, sie schwebt als skurrile Halluzination über dem bodenlosen Grund. Aus handgreiflicher weiblicher Sinnlichkeit ist stillgelegte Körperfragmentierung geworden. Man mag an diesem Gespenst von Frau „vorübergehn“, so oft man will – zu greifen, geschweige denn zu begreifen ist es nicht. | Roland März
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