Das ungewöhnliche Bild einer riesigen Sandgrube entstand, als Jaeckel 1916 vom Kriegsdienst freigestellt war, weil er einen Großauftrag zur Ausgestaltung des Arbeiter-Speisesaals in der Keksfabrik von Hermann Bahlsen in Hannover erhalten hatte. Eine der dafür als Hintergrundmotiv verwendeten Landschaften befand sich östlich von Berlin in Rüdersdorf. Dort wurde seit spätestens dem 13. Jahrhundert Kalkstein abgebaut, seit 1908 nutzten aber auch zahlreiche Filmgesellschaften die Steinbrüche und Seen als Drehorte. Auf Jaeckels Gemälde ist der Blick nach Norden zu sehen, mit dem Stienitzsee im Ausblick. Der Künstler stellte sich damit in die Reihe jener Maler, die das von der Industrialisierung erfasste Umland der Großstadt wiedergaben. Doch nur ein Schienenstrang rechts unten verweist dezent auf diesen Zusammenhang. Jaeckels eigentliches Thema war die monumentale Leere, welche die Ausbeutung der Natur in Gestalt der Grube hinterlassen hatte. Im Kriegsjahr 1916 dürfte dies auch eine bildliche Metapher für die Granattrichter an der Front gewesen sein. Der Kunstkritiker Wilhelm Plünnecke zählte die „Sandgrube“ zu den „Dinge[n], die man nicht vergißt, optische Erlebnisse. Gemalte, Form gewordene Verlassenheit“ (Wilhelm Plünnecke, Willy Jaeckel, in: Die Kunst für Alle, 34. Jg. [1918/1919], H. 11/12, S. 215). Auf Empfehlung des Vorsitzenden der Berliner Secession, Lovis Corinth, wurde das Gemälde Ende 1917 durch den Staat erworben und in der Nationalgalerie inventarisiert. Noch im selben Jahr reproduzierte es der Seemann-Verlag, Leipzig, als farbigen Kunstdruck. | Dieter Scholz
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