Eine nackte junge Frau steht kerzengerade auf einem Sockel. Der linke Arm ist hinter den Rücken gedreht, während sie mit der rechten Hand seitlich ein Tuch hält, das von den Füßen bis hoch zu den Knien um ihre geschlossenen Beine geschlungen ist. Schottmüller war nicht nur Bildhauerin, sondern auch Ausdruckstänzerin, weshalb das Motiv umso mehr Prägnanz erhält, da die Bewegungsmöglichkeiten der weiblichen Figur durch das Tuch nahezu negiert werden. Andere von ihr bekannte Skulpturen hingegen sind als intensive Bewegungsstudien konzipiert. Vielleicht weist die Lähmung der Figur bereits auf die politische Situation in Deutschland, auf das Erstarken von Rechtsextremismus und Nationalsozialismus hin. Die in Posen (heute Poznań) geborene Schottmüller war 1928 nach Berlin gezogen, wo sie ein Studium an der Hochschule für die bildenden Künste bei der Bildhauerin Milly Steger begann. Außerdem wurde sie Mitglied der „Gruppe junger Tänzerinnen“ an der Berliner Volksbühne, in der sie 1932 ihren ersten Soloauftritt hatte. Ab 1933 beteiligte sie sich an Ausstellungen. Im selben Jahr lernte sie den Widerstandskämpfer Harro Schulze-Boysen kennen und engagierte sich seit 1936 aktiv in dem Netzwerk der Roten Kapelle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Zwischen 1940 und 1942 war sie als Tänzerin auf zahlreichen Tourneen im Rahmen der kulturellen Truppenbetreuung der deutschen Wehrmacht durch Europa unterwegs. Bei ihrer Rückkehr im September 1942 wurde sie verhaftet und am 5. August 1943 im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet. Viele ihrer Werke sind heute verschollen. | Anja Pawel
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