De Fiori schuf 1930 die Plastik der damals 27-jährigen Sängerin und Schauspielerin Anny Ahlers (1902–1933) so, als würde sie gleich die Bühne betreten: in getöntem Gips, mit ruhigen Gesichtszügen und konzentriertem Blick, Lippen und Haare bemalt, die Frisur zur klassischen Wasserwelle geformt. Ihre vielversprechende Laufbahn nahm 1933 in London ein dramatisches Ende: Ahlers, die an Tuberkulose litt, nahm Morphium, um ihre Auftritte im Her Majesty’s Theatre nicht zu gefährden. Am 14. März kam sie unter mysteriösen Umständen ums Leben, als sie aus dem Fenster ihres Hotels stürzte. Der Magistrat von Ost-Berlin erwarb die Büste 1950 für die „Galerie des 20. Jahrhunderts“ bei Meta Nierendorf, der Nachfolgerin der berühmten Galerie Nierendorf, gemeinsam mit de Fioris Plastik „Max Schmeling“ (B I 655); beide befinden sich heute in der Sammlung der Nationalgalerie. Die Herkunft des Gipskopfes, von dem es möglicherweise keine Abgüsse gibt, sowie der Skulptur Schmelings ist unbekannt. Nachdem de Fiori 1936 nach Brasilien aufgebrochen war, wurde aus der als Familienbesuch geplanten Reise bald ein Exil. Er kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück. 1945 starb er in São Paulo. 1939 hatte sein Berliner Anwalt die Atelierwohnung des Bildhauers in der Buchenstraße 3 im Lützowviertel aufgelöst. Der Verbleib seines Eigentums, darunter viele Kunstwerke, blieb ungeklärt. | Sven Haase
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