Paare bilden neben weiblichen Akten, Badenden, Waldlandschaften oder Roma und Sinti eines der fünf werkbeherrschenden Themen im Schaffen Muellers. Diese Arbeit gelangte aus dem Besitz der Schwester des Künstlers, Emmy Mueller, in die Sammlung der Nationalgalerie. Sie zeigt eine für Mueller eher untypische, intimere Darstellung eines Liebespaares. In ein ungewöhnliches achteckiges Format gerahmt dominiert das sich umarmende Paar vor einem gelb schraffierten Hintergrund. Von 1910 bis 1913 war der Maler Mitglied der 1905 in Dresden gegründeten Künstlergemeinschaft Brücke gewesen, unter deren Einfluss er seine Figuren ins Flächenhafte vereinfachte, seine Umrisse waren nun spannungsvoller und die Ausführung spontaner geworden. Dennoch blieb er letztlich auch in jener Zeit ein Einzelgänger, behielt seine verhaltene Farbigkeit und seine eher klassischen Figurenkompositionen bei. Seine Neigung galt der Kunst des alten Ägypten, in der das Leben der Dinge in die strenge, abstrakte Gesetzmäßigkeit der Fläche gebannt ist. Mueller bekannte sich ausdrücklich zu diesem Vorbild (vgl. das Zitat zu „Badende im Schilfgraben“, B 126); er ordnete seine Werke einer festen Geometrie unter, die er durch die entschiedenen Umrisslinien betonte – dem folgte er auch in der Gestaltung seiner Akte und Landschaften. | Tanja Pirsig-Marshall
de