Hübel war Bildhauer in Berlin. Er fertigte unter anderem klerikale Skulpturen, zumeist aus Holz, für Kirchen in der Stadt und im Umland. Sein bekanntestes Werk scheint die 1929 in Bergnassau entstandene Bronzebüste des Karl Freiherr vom Stein an der Alten Universität in Marburg zu sein. Die Freundschaft des Bildhauers mit dem preußischen Kultusminister Carl Heinrich Becker mag begünstigt haben, dass sein Name auf der Erwerbungsliste des Kultusministeriums auftauchte (Kristina Kratz-Kessemeier, Kunst für die Republik. Die Kunstpolitik des preußischen Kultusministeriums 1918 bis 1932, Berlin 2008, S. 511 f.). Hübel gehört zu den weniger bekannten Künstlern, deren Werke aufgrund des lokalen Ankaufschwerpunkts und zur Talentförderung erworben wurden. Die in der Nationalgalerie befindliche Pferdebronze stellt ein trauriges Wesen dar. Das Tier kann den Kopf kaum halten, es ist schwach und ausgezehrt. Unter dem Fell zeichnen sich die Rippen ab, Ohren und Schweif sind angelegt. Ist die Skulptur ein Denkmal für die Leistung und das Leid von Tieren, die im Ersten Weltkrieg zum Einsatz gekommen waren? Obwohl es weniger Kavallerieeinheiten gab als in vorherigen Kriegen, waren Pferde bei der Kriegsführung wichtig. Sie wurden als Transport- und Zugtiere genutzt und brachten zum Beispiel Munition zur Front. Bei der Versorgung der Tiere wird ein strukturelles Defizit sichtbar: Trotz Futterspenden, sogenannten Liebesgaben, mangelte es an Nahrung, Wasser und veterinärmedizinischer Versorgung. Die Bronze Hübels mag also zum einen die Leistung der Pferde honorieren und ihren Einsatz anklingen lassen, zum anderen aber kann sie als ernüchterndes Sinnbild des Krieges stehen. | Johanna Yeats
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