Das Aquarell „Traum-Stadt“ entstand kurz nach Klees Beginn seiner Lehrtätigkeit am Bauhaus in Weimar; es gilt als ein Hauptwerk dieser Schaffenszeit. In gläsernen Klängen grünblau gestuften Indigorots wachsen sie empor: Häuser – Giebel – Türme, begleitet von Knospen, die sich auffalten, und Pilzen aus dem Wunderwald. Darüber Vogelwolken und Dreiecke, die ins Dunkel der Nacht segeln. Die Bergstadt oben, von schneeigem Tau umglänzt, Perlmuttschimmer, der die innige Umarmung von Mond und Sonne umfängt. Klee, der Alchemist, der das Irdische mit dem Kosmischen vermählt. Diese „Traum-Stadt“ der poetischen wie polyphonen Verwunderung ist alles in einer Gestalt: Glashaus – Tropfsteinhöhle – Kristalldom – Himmelsgewölbe. Kunst ist Vision und Traum, Klee hatte dies schon in dunkler Kriegszeit tief empfunden, wie man an einem Tagebucheintrag vom Juli 1917 erkennen kann: „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis. Was wir sehen, ist ein Vorschlag, eine Möglichkeit, ein Behelf. Die wirkliche Wahrheit selbst liegt zunächst unsichtbar zugrunde. […] An Phänomenen reicher als ein sonniger Tag ist die diffuse Helligkeit leichter Verschleierung. Dünne Nebelschicht kurz vor Durchbruch des Gestirns. Abmalen lässt sich das schwer, weil der Moment so flüchtig ist. Es muss in die Seele dringen“ (Paul Klee, Tagebücher, 1898–1918, Köln 1979, S. 382, Nr. 1081). | Roland März
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