Vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs entwarf Gaul einen zunächst in Eisen gegossenen stehenden Bären mit Schwert auf einem kleinen, würfelartigen Podest, der durch Material, Attribut und Sockelinschrift als wehrhafter „Berliner Bär“ (1914–1917, WVZ Gabler 2007, 211) zu deuten und damit eine der wenigen allegorischen Tierplastiken im Œuvre des Bildhauers ist. Der Entwurf erstaunt, da Gaul spätestens ab 1900 durch einen Exklusivvertrag mit seinem Freund und Galeristen Paul Cassirer finanziell abgesichert war und weitestgehend unabhängig von der Auftragslage beziehungsweise den Wünschen möglicher Auftraggeber seine Tierplastiken entwickeln konnte. Noch im Entstehungsjahr des „Berliner Bären“ variierte er die Statuette. Der „Stehende Bär“ ist nun in kompakter Beinstellung sowie mit seitlich abgestreckten Tatzen und im Gegensatz zu seinem Vorgänger mit einem weniger ornamental aufgefassten Fell dargestellt. 1919 erstmals auf der Verkaufsausstellung Cassirers präsentiert und nach dem Tode Gauls für 20 Nachlassgüsse freigegeben, erlebte die Plastik 1932 eine weitere Auflage im Rahmen der durch Reichskunstwart Edwin Redslob initiierten „Gaul-Gedächtnis-Stiftung“ „zugunsten der Witwe und der Enkelkinder des Künstlers […], die unter der Notlage der Zeit besonders zu leiden haben“ (SMB-ZA, I/NG 471, Bl. 551 ff.). Die Nationalgalerie erwarb zugunsten der Stiftung den mit „5“ bezeichneten Guss. | Yvette Deseyve
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