Aufgrund zeitloser Sujets und eines gemäßigt modernen Malstils konnte Luckner seiner künstlerischen Arbeit in der Zeit des Nationalsozialismus weitgehend ungehindert nachgehen. Seine guten Kontakte zu anerkannten Künstlern jener Zeit wie Arno Breker trugen dazu bei, dass Luckner 1942 den erneuten Kriegsdienst für drei Monate unterbrechen konnte, um einen Gastaufenthalt in der Villa Massimo in Rom wahrzunehmen und sich an der dortigen Jahresausstellung zu beteiligen. Neben Porträts, Landschaftsansichten und Pferdemotiven wandte sich der Künstler nun verstärkt Themen aus der antiken Mythologie zu und schuf Arbeiten mit Titeln wie „Pergola“, „Homerischer Fries“, „Hektor und Andromeda“ oder „Nausikaa“. Das als Triptychon angelegte Ölbild „Der Raub der Europa“, das er unmittelbar nach Kriegsende fertigstellte, gehört zu dieser Werkgruppe. Es zeigt im zentralen Mittelteil Europa im Augenblick des Eintreffens ihres Entführers. Während sich ihr nackter, halb liegender Körper den Betrachter:innen darbietet, wendet sie den Blick in den Bildhintergrund zu dem sich nähernden Zeus in Gestalt des Stieres. Die beiden Bildtafeln links und rechts sind den Dienerinnen und Dienern vorbehalten, die Europa umgeben. Dieses Werk belegt beispielhaft, dass es auch nach 1945 keinen Bruch in Luckners Bildfindungen gab. | Irina Hiebert Grun
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