Die Architektur hatte Klee auf seiner frühen Italien-Reise 1901/1902 entdeckt und sie im Laufe der Jahre zu einem zentralen Bildgegenstand seiner Kunst gemacht. Das Blatt „alte Stadt am Wasser“ gehört in die Reihe der architektonischen Fantasiestücke; es ähnelt der mit blauschwarzer Tusche ausgeführten Federzeichnung „Kathedrale in Ph.“ aus demselben Jahr (Zentrum Paul Klee, Bern). Klee hat diese Zeichnung im Pausverfahren auf Papier übertragen, in der rechten Bildpartie Veränderungen vorgenommen und auf jede weitere, farbige Übermalung verzichtet. Die filigrane Kathedralarchitektur (links) lässt in ihrem leichten Versunkensein im Wasser an Venedig denken, während sich der handfestere Burg- und Schlossberg östlicher Provenienz (rechts) mit seinen Klecksen kräftig über dem Hafen behauptet. Der gesamte Bildgrund des bräunlichen Papiers ist mit feinsten Partikeln aus schwarzer Tusche gespritzt worden, beim Auflegen des Handballens und der Finger sind vor allem im Himmel punkthaft ausstrahlende Akzentuierungen hinzugekommen. Die Spritztechnik hält das gesamte Sujet auch in seinen formalen Gegensätzen in der Balance: Feingliedrigkeit und Kompaktheit, Transparenz und Geschlossenheit, Rundbogen und Vertikalität. Klee hat die Architektur im Leben wie in der Kunst in einem allumfassenden Sinne als Fortsetzung der Natur verstanden. | Roland März
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