Streng einansichtig ist die „Sitzende Katze“ mit ihren aufmerksam gespitzten Ohren und dem nach links gewendeten Kopf ausgerichtet. Sie belegt eindrucksvoll Kraus’ künstlerische Genese: von neobarock bewegten Frühwerken wie den zwischen 1892 und 1897 im Rahmen seiner Meisterschülerzeit bei Reinhold Begas entstandenen Löwen für das Kaiser-Wilhelm-I.-Nationaldenkmal in Berlin (einer davon heute im Berliner Tierpark) bis hin zu einer konsequent verfolgten Formreduktion, die Kraus während seiner Zeit in Rom im Umkreis der sogenannten Deutschrömer kennengelernt hatte. Das von Adolf von Hildebrand propagierte Verfahren der „taille directe“, der direkten künstlerischen Arbeit in Stein ohne Übertragung durch Bossierer und Werkstattgehilfen, mag Kraus mit seiner Grundausbildung zum Steinbildhauer entgegen- und bei der Katze zur Anwendung gekommen sein. Gleichzeitig dokumentiert die Tierfigur ein seinerzeit stark aufflammendes Interesse an der altägyptischen Bildhauerei, wie es beispielsweise auch Max Kruse oder Gerhard Marcks verfolgten. Dabei galten den Bildhauern die Prinzipien der Blockhaftigkeit und kubischen Verschmelzung mit dem Stein als vorbildhaft. Die „Sitzende Katze“ befand sich bis zuletzt im Besitz von Kraus; sie wurde auf der ihm zu Ehren von der Berliner Akademie der Künste eingerichteten Gedächtnisausstellung 1934 präsentiert. | Yvette Deseyve
de