Der Schweizer Bildhauer Zschokke hatte 1913 ein Architekturstudium in München begonnen, wurde bei Kriegsbeginn 1914 eingezogen und nahm während des Diensturlaubs Malunterricht. Wieder in Basel trat er der Künstlergruppe Neues Leben bei. In Ascona lernte er Alexej von Jawlensky kennen, über den er in Kontakt zu einstigen Mitgliedern der Künstlervereinigung Brücke in Berlin kam. Dort hatte Zschokke von 1920 bis 1930 ein Atelier in der Fasanenstraße 13, wandte sich der Bildhauerei zu und schuf vornehmlich Porträtköpfe. Ein zentrales Erlebnis des Künstlers war seine Begegnung mit dem Dichter Stefan George (1868–1933), der schließlich zu Lesungen und Zusammenkünften von Künstlern, Literaten und Intellektuellen in das Berliner, aber auch in das Basler Atelier Zschokkes einlud. Der Bildhauer war von dem charismatischen George fasziniert, ohne zum Kreis seiner „Jünger“ zu gehören. So porträtierte er den Dichter mehrfach, es entstand ein ganzer Zyklus von Kopfstudien. Er selbst schrieb um 1935, dass er bis zu vierzig Porträts angefertigt habe (SMB-ZA, V/Slg. Künstler, Zschokke, Alexander). Die Büste der Nationalgalerie scheint eine typisierte Variante zu sein, die sich dennoch durch die charakteristischen dünnen Stirnfalten und das zurückgekämmte Haar auszeichnet. Zschokke schuf häufig aus der Erinnerung, da es ihm um die Vermittlung verinnerlichter Werte ging. Statt eines äußeren Erscheinungsbildes wollte er ein Persönlichkeitsbild schaffen. | Johanna Yeats
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