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Gemäldegalerie Malerei Italien (13.-15. Jh.) [112C] Archiv 2023-06-13 08:54:26 Vergleich

Johannes der Täufer (St. John the Baptist)

AltNeu
1# Johannes der Täufer (St. John the Baptist)1# Johannes der Täufer
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3[Gemäldegalerie](https://smb.museum-digital.de/institution/12)3[Gemäldegalerie](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=institution&instnr=12)
4Sammlung: [Malerei](https://smb.museum-digital.de/collection/141)
5Sammlung: [Italien (13.-15. Jh.)](https://smb.museum-digital.de/collection/151)
6Inventarnummer: 112C4Inventarnummer: 112C
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8Beschreibung6Beschreibung
9Johannes der Täufer predigt in der Wüste und verkündet die Ankunft des Messias. In diesem Gemälde ist er als Prophet dargestellt, mit einem vor Entbehrung ausgezehrtem Körper, eingefallenem Gesicht und beinahe ekstatisch auf das kleine Kruzifix starrend, das den Stab in seinen Händen krönt. Dieses Detail ist sehr ungewöhnlich, da sich das Kreuzsymbol erst lange nach dem Tod Jesu verbreitete. Dem Maler ging es jedoch nicht um historischen Realismus; vielmehr verstärkt er allein durch die Landschaft den zeitlosen Charakter einer fantastischen Vision, die auch aus einem modernen Science-Fiction-Film stammen könnte: Die Sonne ist gerade hinter dem Horizont einer unwirklich anmutenden Landschaft aus merkwürdig geformten und dunstverhangenen Felsen untergegangen. Links erkennt man eine bemerkenswert detailliert ausgeführte Hafenstadt, die Landzunge rechts im Vordergrund scheint einst über die zerstörte Brücke mit ihr verbunden gewesen zu sein. Alles in dieser Szenerie regt zum Nachdenken über zwei untrennbare Aspekte an: das tragische Schicksal Christi und die Vergänglichkeit der irdischen Welt. Trotz ihres zeitlosen Charakters handelt es sich um ein typisches Werk Ercole de’ Robertis, der bei Cosmè Tura in die Lehre gegangen und in Ferrara in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts tätig war. Die expressionistischen Züge von Turas Figuren und deren an Bronzeskulpturen erinnernden Drapierungen sind hier deutlich zu erkennen, während der Maler seine Originalität in der Landschaft bekundet. Bereits in seiner Altartafel für die Basilika S. Maria in Porto in Ravenna (heute in der Pinacoteca di Brera, Mailand) hatte Ercole dem traditionellen Schema der Sacra conversazione mit Maria, Christuskind und Heiligen unter dem Thron der Gottesmutter eine Landschaft hinzugefügt, die sich mit der Landschaft in diesem Gemälde vergleichen lässt. Die Landschaftsdarstellung ist hier als Mittel zu verstehen, die Kontemplation eines Gemäldes zu verstärken und die religiöse Meditation zu fördern – ein Bildverständnis, das sich nördlich der Alpen unter der Bezeichnung »Devotio Moderna« oder »neue Frömmigkeit« entwickelte. Der Venezianer Giovanni Bellini gilt als erster großer Interpret dieses Landschaftstypus in Norditalien. Seine heute in Berlin aufbewahrte Auferstehung Christi ist hier als exemplarisch anzusehen. Ercole übernahm von Bellini auch die Verwendung von Öl als Bindemittel, die damals in Norditalien, und vor allem in Ferrara, noch relativ ungebräuchlich war. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Werk indes Bellinis Schwager Andrea Mantegna zugeschrieben, dessen enormer Ruf ihn zum Autor sehr unterschiedlicher Werke werden ließ (beispielsweise im Falle der Grabbereitung Christi von Vittore Carpaccio).| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019 ::::::::__ Saint John the Baptist spent his life in the desert announcing the advent of the Messiah: he is here shown as a prophet, his body stunted, his face emaciated and his possessed gaze turned towards the tiny Crucifix crowning the stock that he holds in his hands. Such a detail is most implausible, as the use of the Crucifix only spread long after the death of Jesus Christ, who was John’s contemporary. But the painter did not pay attention to historic realism; rather, the landscape itself reinforces this timeless impression of a fantastic vision, worthy of the best modern science fiction movies: the sun has just set on a phantasmagorical landscape, made of strangely shaped rocks invaded by mist. On the left is a remarkably detailed harbour city, while on the right a promontory seems to have been once connected to the city by a now destroyed bridge. Everything in this landscape encourages us to meditate on two inseparable aspects: the tragic destiny of Christ and the perishable nature of the human world. Even if this painting seems timeless, it is a characteristic work by Ercole de’ Roberti, a Ferrarese painter trained by Cosmè Tura in the second half of the 15th century. The expressionist character of Tura’s figures, and his draperies which look alike bronze sculptures are clearly visible here, even if the painter shows his originality into the landscape. In his altarpiece for the church of Santa Maria in Porto, near Ravenna (today in the Pinacoteca di Brera in Milan), Ercole had already decided to represent, in addition to the Virgin, the Christ Child and the Saints according to the traditional scheme known as the “holy conversation”, a far landscape view under the throne of the Virgin. Such a view is to be strictly compared to the present painting. Landscape is understood here as a way to extend the contemplation of a painting and to deepen religious meditation. This way of appreciating paintings came from the North of the Alps, where it was named devotio moderna or “modern devotion”. The first great interpret of this type of conception of landscape in Northern Italy was the Venetian painter Giovanni Bellini; his Resurrection, today in Berlin, is particularly characteristic in that sense. Ercole took also directly from Bellini the use of oil for binding pigments, which was a relative novelty in Northern Italy at the time, and especially in Ferrara. Until the end of the 19th century, however, the present work was attributed to Bellini’s brother-in-law, Andrea Mantegna, whose enormous fame justified he was considered as the author of many works that had only in common the virtuosity of drawing (this was also the case of the Preparation of Christ’s Tomb by Vittore Carpaccio).| 200 Masterpieces of European Painting - Gemäldegalerie Berlin, 20197Die ekstatischen Heiligen des ausgehenden Quattrocento haben die Gläubigen wohl deshalb so bewegen können, weil es in den geistigen Auseinandersetzungen neben antikisch orientierter Rationalität auch gesteigerte religiöse Emotion als Ausdruck christlichen Reformwillens gab. Bedeutendster Buß- und Sittenprediger dieser Zeit war der Dominikaner Girolamo Savonarola, 1452 in Ferrara geboren, früh zur Askese neigend. Als Gleichaltrigen kann Ercole de’ Roberti ihn in der Heimatstadt gekannt, hier und während seiner Tätigkeit in Bologna von der Kanzel gehört haben; auch seine Auftraggeber werden beeindruckt gewesen sein. Das Wort des Täufers: »Ich bin eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Richtet den Weg des Herrn« (Johannes 1, 23) könnte wohl dem Zeitgeist entsprochen haben und in solch einem Andachtsbild – für individuelle Versenkung, zum Mitempfinden und zur Besinnung geschaffen – widergespiegelt sein. Die ferraresischen Meister Cosmè Tura und Francesco del Cossa haben den Stil des jüngeren Ercole entscheidend geprägt; ihre expressive Unmittelbarkeit faßte er in strenge, kristallinische Formen. Auf unserer Tafel erkennt die Forschung venezianische Einflüsse – insbesondere von Giovanni Bellini – im Kopf des Heiligen und in der Landschaft. In diesem Bild ist die Monumentalität fördernde Plateaukomposition auf die Spitze getrieben. Knapperer Raum hat einem Heiligen nie zur Verfügung gestanden; die kontrapostisch bewegte, übergroße ausgezehrte Gestalt wäre instabil postiert, würde sie nicht optisch gestützt durch einen Mantelzipfel (vergleichbar einem römischen Marmor, wo dies jedoch tatsächlich statisch notwendig ist) und die geometrisch geordnete, waagerecht gegliederte Flußlandschaft. Mit ihr ist wohl das Jordantal gemeint, wo Johannes taufte; dies ist aber weder konkret geographisch zu verstehen noch historisch, zumal die Hafenbefestigungen deutlich zeitgenössische Züge tragen. Morgendämmerung scheint hinter der Gestalt des Vorläufers Christi auf – eine für diese Epoche ungewöhnliche Naturstimmung, die wir etwa gleichzeitig auch bei Giovanni Bellini finden. Zusammen mit dem traditionellen Hinweis auf das Kreuz kann sie sicher im Sinne der Heilslehre, des Wirkens Christi, gedeutet werden. Im gedämpften Licht werden die Farben abgetönt, selbst der sonst lebhafte Kontrast von Rot und Grün – Symbole geistigen Feuers und der Hoffnung auf Erlösung – im Mantel. Wohldurchdachte Bildorganisation und Zurücknahme der Farbigkeit steigern gleichermaßen die innere Monumentalität der sehr kleinen Tafel, die gewiß geeignet war, die geistige Konzentration des gläubigen Betrachters dieser Zeit zu fördern.| Hannelore Nützmann
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11Material/Technik9Material/Technik
12Pappelholz10Pappelholz
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14Maße12Maße
15Bildmaß: 56,5 x 32,9 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 56.5 x 32.9 cm, Rahmenaußenmaß: 65,9 x 42,8 x 8 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 65.9 x 42.8 cm13Bildmaß: 56,5 x 32,9 cm; Rahmenaußenmaß: 65,9 x 42,8 x 8 cm
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20- Hergestellt ...18- Gemalt ...
21 + wer: [Ercole de Roberti](https://smb.museum-digital.de/people/216956)19 + wer: [Ercole de' Roberti (1450-1496)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=47386)
22 + wann: 1480 [circa]20 + wann: 1460-1500
23 + wo: [Italien](https://smb.museum-digital.de/oak?ort_id=197)
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25## Links/Dokumente22## Links/Dokumente
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27- [Das Objekt bei SMB-Digital](https://id.smb.museum/object/866219)24- [Das Objekt bei SMB-digital](http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=866219)
28- [Das Objekt bei SMB-digital](https://id.smb.museum/object/866219)
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30## Schlagworte26## Schlagworte
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32- [Andachtsbild](https://smb.museum-digital.de/tag/4030)28- [Gemälde](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=266)
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37Stand der Information: 2023-06-13 08:54:2633Stand der Information: 2021-11-02 21:15:59
38[CC BY @ Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin](https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)34[CC BY-NC-SA @ Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)
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42- https://id.smb.museum/digital-asset/428067838- http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ImageAsset&module=collection&objectId=866219&resolution=superImageResolution#1042747
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Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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