# Zwei angekettete Affen
[Gemäldegalerie](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=institution&instnr=12)
Inventarnummer: 2077
Beschreibung
Das ungewöhnliche Bild entstand im Jahre 1562, kurz bevor Bruegel aus Antwerpen nach Brüssel übersiedelte. Dargestellt sind zwei Affen, die an einen eisernen Ring gekettet sind und in einer gewölbten Fensteröffnung sitzen. Die schweren Ketten, das massive Mauerwerk und die niedrige Fensterwölbung verstärken den Eindruck der Gefangenschaft, aus der ein Entkommen kaum möglich erscheint. Mit großem Einfühlungsvermögen hat Bruegel das Verhalten und die Mimik der Affen charakterisiert, die in der Gefangenschaft ihr lebhaftes Wesen verloren haben. Den äußersten Kontrast zur Enge der verliesartigen Nische bildet der Blick aus dem Fenster. Man erkennt die Stadt Antwerpen mit dem Hafen und dem hoch aufragenden Turm der »Onze Lieve Vrouwekerk «. Davor leitet der breite Strom der Schelde in die Ferne, wo Wasser und Himmel ineinander übergehen. Der Kontrast zwischen der bedrückenden Enge der schattigen Maueröffnung und der lichten Weite der Landschaft mit den am Himmel dahinfliegenden Vögeln und den Schiffen, die von Reisen in ferne Länder künden, läßt die Gefangenschaft der beiden Tiere eindringlich empfinden. Die formalen Anregungen für Bruegel mögen die Stiche der Vier Affen von Israhel van Meckenem oder Dürers Madonna mit der Meerkatze geliefert haben. Von noch größerer Bedeutung müssen jedoch Studien nach der Natur gewesen sein. Bei den von Bruegel dargestellten Affen handelt es sich um die Halsband- oder Rotkopfmangabe (Cercocebus torquatus), deren Verbreitungsgebiet vom Kap Verde im Westen Afrikas bis an den Unterlauf des Kongo reicht. Bruegels meisterhafte Darstellung der beiden Affen beruht also auf exakter Naturbeobachtung. Daß es ihm dabei lediglich um eine Tierstudie ging, darf mit Recht bezweifelt werden. Fraglich ist auch, inwieweit das kleine Bild mit den Lebensumständen des Künstlers, dem bevorstehenden Umzug nach Brüssel, der Heirat und dem Verlust seiner Unabhängigkeit in Verbindung gebracht werden darf. Es ist hingegen denkbar, daß daß Bild für einen Freund gedacht war, den der Künstler in Antwerpen zurückließ. Von seiner symbolischen oder allegorischen Bedeutung her war der Affe Sinnbild für den an seine Triebe geketteten Menschen, der der Gefangene seiner animalischen Begierden ist. Offensichtlich hat Bruegel mit den angeketteten Affen gleichnishaft auf den verblendeten Menschen anspielen wollen, der, wie die zerbrochene Nuß neben den Tieren zeigt, angesichts eines Gewinnes von zweifelhaftem Wert bereit ist, seine Freiheit zu opfern. Die Gefangenschaft der Tiere ist von Bruegel als Paraphrase auf die in tierischer Versklavung lebenden Menschen gedeutet worden, die sich nicht von den christlichen Tugenden leiten lassen und deshalb einem traurigen Ende entgegensehen. Bruegel wäre nicht der Moralist, als der er sich in vielen seiner Bilder zu erkennen gibt, wenn er sich mit der Darstellung des als unabänderlich empfundenen Zustandes zufriedengegeben hätte. In diesem Bild sind die Ketten Sinnbild einer verzweifelten Situation. Erst die genaue Betrachtung zeigt, daß es einen Ausweg gibt. Sie enden nämlich in einem Knebel, der durch einen Ring gesteckt ist. Zöge man den Knebel etwas zurück und brächte ihn in eine senkrechte Position, ließe er sich durch den Ring zurückschieben und die Verbindung wäre gelöst. Da sich die beiden Affen in ihr dumpfes Schicksal ergeben haben, gelangen sie nicht zu der Erkenntnis, daß sie sich selbst befreien könnten. Sie sind außerstande, die ihnen von der Natur verliehenen Gaben sinnvoll einzusetzen und sich selbst zu retten. Ähnlich ergeht es dem Menschen, der aufgrund mangelnder Einsicht sein eigener Gefangener bleibt. Bruegels Botschaft lautet deshalb, daß erst die Besinnung des Menschen auf sich selbst ihn auf den rechten Weg zu führen vermag. Ein in Klugheit und Bescheidenheit geführtes Leben wird ihn dann in die Lage versetzen, die selbstverschuldete Gefangenschaft abzuschütteln und sich aus der seelischen Knechtschaft zu befreien. Diese ethisch-rationalistische Grundhaltung begegnet uns beispielhaft in den humanistischen Schriften des Erasmus von Rotterdam und des Dirck Volckertsz Coornhert. Sie ist Ausdruck einer Moralphilosophie, die viele der tiefgründigen Allegorien Pieter Bruegels erfüllt, den spätere Generationen allzu oberflächlich als »Bauern-Bruegel« bezeichnet haben.| Rainald Grosshans
SIGNATUR / INSCHRIFT: Bez. links unten: • BRVEGEL • MDLXII •
Material/Technik
Eichenholz
Maße
Bildmaß: 19,9 x 23,3 cm; Rahmenaußenmaß: 37,3 x 41,1 cm
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- Gemalt ...
+ wer: [Pieter Bruegel (der Ältere) (1525-1569)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=1128)
+ wann: 1562
+ wo: [Niederlande](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=oak&ort_id=500)
## Bezug zu Orten oder Plätzen
- [Afrika](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=oak&ort_id=2304)
## Links/Dokumente
- [Das Objekt bei SMB-digital](http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=870835)
## Schlagworte
- [Affen](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=3466)
- [Eichenholz](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=12020)
- [Freiheit](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=7664)
- [Gemälde](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=266)
- [Madonna](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=1446)
- [Tugend](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=26903)
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Stand der Information: 2021-01-30 03:09:44
[CC BY-NC-SA @ Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)
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- http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ImageAsset&module=collection&objectId=870835&resolution=superImageResolution#1047072