Die Prunkkassette besitzt einen eingezogenen, von Greifen getragenen Unterbau und einen aufklappbaren Deckel, der im Aufbau die Grundform der Basis spiegelt. Alle Seiten sind durch reiche Ornamentfriese architektonisch gegliedert. Zwischen Karyatiden und steinbesetzten Rosetten erscheinen in der Mittelzone auf edel wirkenden Hintergründen aus Lapislazuli kunstvolle Reliefs der Planetengötter: an der Vorderseite Merkur zwischen Saturn und Uranus, an der Rückseite Luna zwischen Neptun und Venus. An einer der Schmalseiten ist der Sonnengott Sol dargestellt, an der anderen Jupiters Gemahlin Juno. Sie ist als Gattin des Göttervaters keine Planetengottheit, ihr Auftreten in dieser Reihe als Göttin der Geburt und Ehe ist wohl als Hinweis auf eine weibliche Empfängerin dieser Prunkkassette zu deuten.
Hans Straub (1541–1610) war der Schwiegersohn und einer der Werkstattgenossen von Wenzel Jamnitzer (1508–1585), dem bedeutendsten Nürnberger Goldschmied des 16. Jahrhunderts. Jamnitzer gilt als der Erfinder jener „truehlin“ genannten Prunkkassetten, die er selbst unter anderem für die Kunstkammern der Wittelsbacher und Wettiner lieferte. Es verwundert nicht, dass auch Hans Straub solche hochbegehrten Werke herstellte und sich dabei der von seinem Schwiegervater gefertigten Goldschmiedemodelle bediente.
Nachgewiesen ist dies nicht nur für das Mäanderband am unteren und den Metopen-Triglyphen-Fries am oberen Rand der Berliner Kassette. Auch der zauberhafte, am Deckel umlaufende Fries mit den zu Seiten von Maskarons zwischen Girlanden tollenden Putten hatte schon Verwendung an eigenhändigen Arbeiten von Wenzel Jamnitzer gefunden, so an einer Schmuckkassette in der Schatzkammer der Münchner Residenz. Das zugrunde liegende Bleimodell Jamnitzers ist im Bayerischen Nationalmuseum erhalten. LL
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