Seit 1644 hielt Hollar sich aufgrund der politischen Wirren Englands in Antwerpen auf, bevor er 1652 nach London zurückkehrte. In diese Jahre datiert die Entstehung unseres Blattes. Es zeigt Chorhaupt, Querhaus und die Türme der Kathedrale von Antwerpen. Im Vordergrund rechts ist der Giebel der Fassade von S. Carlo Borromeo zu sehen, der Jesuitenkirche, auf deren Dach der Zeichner sich befindet. Auch für die Darstellung der Westfassade der Kathedrale wählte Hollar einen erhöhten Standpunkt, der weniger die Stimmung einer Straßenszene, dafür aber einen sachlichen Überblick über das Gebäude zu geben vermag. Dennoch ist die menschenleere Zeichnung nicht ohne Stimmung. Der meisterhafte topographische Zeichner verleiht den hinter dunklem Vordergrund aufsteigenden Baumassen durch die leichte Aquarellierung eine heitere Stille, die, wie H.Mielke beobachtete, im Wesen des Künstlers begründet liegen muß, da sie auch den Aufnahmen der Reise von 1636 eigen ist. Damals fuhr Hollar als Begleiter des Lord Arundels mitten durch die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges, ohne sie in seine Zeichnungen gelangen zulassen.
Text: Gero Seelig in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 143, Kat. III.74 (mit weiterer Literatur)
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