1917 schenkte James Simon dem Berliner Kupferstichkabinett neben Dumonstiers Bildnis eines alten Mannes [KdZ 8487] auch das Porträt eines unbekannten Edelmanns. Die in verschiedenen Schwarz-, Rot- und Brauntönen modellierten Gesichtszüge des mit Spitzbart und expressiv nach oben wallendem Schnurrbart dargestellten Bürgers spiegeln die charakteristischen Gestaltungsmuster des französischen Porträtmalers und -zeichners Nicolas Lagneau, der sich mit dem all seine Porträts auszeichnenden, ausgeprägten Realismus bereits nahe der Grenze zur Karikatur bewegt. Stark akzentuiert der Künstler die physiognomischen Eigenarten des Edelmanns mit seinen eng zusammenstehenden, schiefen Augen, dem strengen, den Betrachter fixierenden Blick und dem leicht amüsiert wirkenden Zug um die Mundwinkel. Die dunkle, in Kohle skizzierte Kleidung mit kontrastierend weißer, gesteifter Halskrause entspricht der spanisch beeinflussten bürgerlichen Mode im Frankreich des frühen 17. Jahrhunderts. Heute relativ unbekannt, galt Lagneau unter seinen Zeitgenossen als Meister der Kreidezeichnung, dessen Werke in ihrer scharfen Wirklichkeitsnähe an die Figurendarstellungen der Brüder Le Nain und Claude Vignons erinnern.
Text: Hanna Strzoda, 2007
Schenkung James Simon 1917.
de