Der Kopf ist zu seiner Linken gewandt, der Mund ist leicht geöffnet. Die Haare sind in dicken, lockigen Wellen unregelmäßig um ein Band aus der Stirn und nach hinten frisiert und dort zu einem Knoten zusammengefasst.
Das schmelzende, übersteigerte Pathos des mimischen Ausdrucks setzt sich bruchlos in der verschwimmenden, weichen Bearbeitung von Inkarnat und Haar fort. Deswegen erfreute sich der Kopf gleich nach der Auffindung großer Beliebtheit, er wurde von Anfang an in die Tradition des Praxiteles und Skopas gesetzt und mit seinerzeit besonders geschätzten Meisterwerken wie dem Hermes von Olympia oder dem Kopf vom Südabhang in Verbindung gebracht. Als einzige der Pergamener Skulpturen wurde für ihn sogar eine Ergänzung ins Auge gefasst und 1893 von Wilhelm II. ein Künstlerwettbewerb ausgeschrieben; die Ergänzung wurde jedoch nie ausgeführt, sondern nur an Nachbildungen realisiert.
In der räumlichen und plastischen Auffassung ergeben sich durchaus Gemeinsamkeiten zu den Köpfen des Großen Frieses. In der plastischen Durcharbeitung der mimischen Bewegung ist beim Schönen Kopf an Stelle der detaillierten Raffinesse der Friesfiguren die feine, einheitliche Schwingung des Inkarnats getreten; dieser Unterschied macht sich auch gegenüber den konzentrierteren, mehr auf Nahsicht berechneten Köpfen des Telephos-Frieses bemerkbar.
In der Behandlung von Haar, Inkarnat und der Einzelformen ist hingegen der Poseidon von Melos gut vergleichbar. Auch wenn er zeitstilistisch später anzusetzen ist, bezeichnet er doch das künstlerische Milieu, wo wir auch den Bildhauer des Schönen Kopfes zu suchen haben.
Katalog zur Ausstellung "Pergamon - Panorama der antiken Metropole" 30.09.2011 - 30.09. 2012 (M.R. Hofter: Kat. Nr. 3.4 ).
Fundort: in einer Zisterne, südöstlich vom Altar (Türkei/Pergamon/Großer Altar)
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