Der Spannhund zählt zur großen Gruppe der Gebrauchshunde. Anders etwa als der Jagd-, Hüte-, Dienst- und Assistenzhund, verschwand der Karrenhund auch wegen schärferer Bestimmungen des Tierschutzes seit dem frühen 20. Jahrhundert aus dem Bild des öffentlichen Lebens, in das er bis dahin wie selbstverständlich eingebettet war (vergleiche Abb. 16 und Kat. 14). Menzels künstlerischer Blick zeugt schon von diesem
grundlegenden Wandel. Besonders aufschlussreich dafür ist sein „Kinderalbum“, ein Sammelwerk voller bemerkenswerter, in unterschiedlichsten Situationen und Perspektiven aufgenommener Tiere, die eines eint: Sie sind auf Gedeih und Verderb mit dem Menschen vergesellschaftet, ob im Zoogehege, auf Ausstellungen, im Käfig von Ausflugsgaststätten, im Vorgarten, in der Gosse. Auf unserem Blatt nun bildet der Künstler parallel zum Pflaster und quasi auf ‚Schnauzenhöhe‘ einen vor Erschöpfung dösenden, in seinem Geschirr eingejochten Hund ab. Er greift dabei auf präzise Vorstudien zurück (SZ Menzel N 2226 und SKB 1863/64, p. 25/25). Im Kontrast zu der schwarzweiß gefleckten Katze, die aus einem Keller schlüpft und frei ihre Wege sucht, erweckt der Anblick des Hundes ein augenblickliches Mitgefühl für die Kreatur – ein erstklassiges Beispiel für die empathische Unmittelbarkeit Menzels.
Text: Hein-Th. Schulze Altcappenberg in: Wir kommen auf den Hund. Werke aus fünf Jahrhunderten von Dürer bis Dieter Roth. Eine Sommerausstellung im Kupferstichkabinett, hg. von Hein-Th. Schulze Altcappenberg und Lydia Rosía Dorn, Berlin/Petersberg 2015,
S. 26.
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