Die Schale in Form eines auf dem Wasser schwimmenden Seerosenblattes wurde von Borchardt am 20. Dezember 1912 zusammen mit fünf Kohlestückchen und einem Siegelabdruck, der den König als schreitenden Sphinx zeigt, in einen Tontopf gebettet gefunden. Der Raum, in welchem die Objekte zutage traten, schließt sich direkt an das ehemalige Schlafzimmer des Hauses an und scheint eine Art Nebenkammer gewesen zu sein. Die Schale ist auf beiden Seiten grün bemalt und von herausragender Qualität. Das Motiv des Seerosenblattes reiht sich zudem stringent in den Kontext von Kosmetikgefäßen mit aquatischen und floralen Mustern ein. Neben Salb- und Ölgefäßen in Form von Fischen, Enten und Schwimmerinnen existieren auch Kohlpötte und Schminktöpfchen mit Lotos- und Pflanzenapplikationen. Die Frauen der damaligen Gesellschaft schufen sich somit einen Kosmetikbereich, der an die Reinheit von Wasser und den Wohlgeruch der dort heimischen Flora erinnerte. Während die Blüten der Nymphaea häufig dargestellt werden, ist das Motiv des Seerosenblattes eher selten anzutreffen. Womöglich wurde hier die spezielle Funktion der Blätter als Empfänger des Sonnenlichts in bildliche Form umgesetzt. Dass die ehemalige Besitzerin Gefallen an derartigen Stücken gefunden hatte, beweist der Fund von Fragmenten einer großen Alabasterschale im selben Haus, welche die Form einer Muschel nachahmt.
Aus: Weber, A., in: F. Seyfried (Hrsg.), Im Licht von Amarna. 100 Jahre Fund der Nofretete, Berlin 2012, S. 256 (Kat.-Nr. 37).