Ab dem 14. Jahrhundert wurde die emotionale Teilnahme an der spirituellen Praxis immer stärker betont, und man forderte die Gläubigen auf, sich Christus, Maria und die Heiligen so vorzustellen, als wären sie präsent. Frömmigkeitstexte wie die äußerst populären Meditationen über das Leben Christi, verfasst von einem anonymen Franziskaner, riefen den Leser dazu auf, die Körperlichkeit Christi zu kontemplieren. Bei der Erzählung der Geburt Christi schreibt er: »Küsse die schönen kleine Füße des Jesuskindes, der in der Krippe liegt, und bitte seine Mutter darum, dass sie dir gewährt, ihn für einen Moment zu halten. Nimm ihn und halte ihn in deinen Armen. Betrachte sein Antlitz mit Hingabe und küsse ihn ehrfürchtig und erfreue dich an ihm.« Besonders verbreitet unter den in dieser Zeit entstandenen Bildern war das Motiv der Jungfrau mit Kind, die einander zärtlich umarmen. Die Intimität solcher Bilder half den Gläubigen, die heiligen Figuren als Menschen zu begreifen und mit ihnen zu interagieren. Das Relief mit der Jungfrau und Kind im Rosenhag ist ein solches Beispiel. Die eng gerahmte Komposition vermittelt dem Betrachter das Gefühl, einen Raum mit Jesus und seiner Mutter zu teilen. Die Gartenszene mit den zahlreichen Rosen, eine Metapher mit natürlicher und zugleich biblischer Bedeutung, ermöglicht die sinnliche Erfahrung des Heiligen. (Andrew Sears 2017)
Entstehungsort stilistisch: Oberrhein