Die im Relief geschilderte Darstellung zeigt eine Episode aus Ovids Metamorphosen I, 624ff. Darin wacht der hundertäugige Argus über seine Herde, worunter sich auch Io, die Geliebte Jupiters und Tochter des Inalos, König von Argos, befindet. Der Göttervater Jupiter hatte Io in eine Kuh verwandelt, um sie vor dem Zorn und der Rache seiner eifersüchtigen Gemahlin Hera zu schützen. Merkur, der Götterbote, sollte sie im Auftrage Jupiters befreien.
Während Argus auf einem Felsenstück eingeschlafen zu sein scheint, kauert rechts Merkur. Vor seinem ausgestreckten Bein die Flöte, auch Syrinx genannt, mit dessen Spiel Merkur Argus einschläferte. Achtsam um sich blickend, greift Merkur zum Schwert, um den Bewacher Ios zu töten.Die Szene wird nach oben von zwei Rindern abgeschlossen, wobei es sich bei der linken, im Profil dargestellten Kuh um die verwandelte Io handeln dürfte.
Das Werk, wie sein Gegenstück (Inv.-Nr. 532), kann keinem Künstler zugeordnet werden. Er scheint jedoch aus den südlichen Niederlanden zu kommen, da das Relief einerseits aus dem in dieser Region häufig verwendete Alabster gearbeitet ist, zum anderen orientiert sich der Künstler hier an das gleichnamige Gemälde des flämischen Malers Jacob Jordaens (1593-1678).
Hans-Ulrich Kessler