Suchte Max Liebermann in den 1920er-Jahren im Garten am Wannsee seine Motive, so Slevogt überwiegend in der freien Landschaft um sein Anwesen in der Pfalz herum. Trotzdem blieb er dem Berliner Kunstleben verbunden, die Wintermonate verbrachte er überwiegend in der Großstadt. Auf dem Weingut Neukastel, das er 1914 von seinen Schwiegereltern käuflich erwerben konnte, hatte sich Slevogt Wohnhaus und Atelier eingerichtet. Zu den Bildern aus der Pfalz gehört auch dieser Blick über die abfallenden Weinberge hin auf den kleinen Ort mit den roten Dächern im Tal und weiter bis in die Rheinebene hinein. In dünner, skizzierender Malweise ist die herbstliche Landschaft aus hellen, wie dunkel glühenden, auch aus fast schwarz verschatteten Partien moduliert und mit Weinbütte und Telefonmast sparsam akzentuiert. Ludwig Justi hat das Gemälde, das er für die Ausstellung in der Neuen Abteilung im Kronprinzen-Palais vorgesehen hatte, dem Inventarbuch nach im Februar 1923 gegen das Bild „Herbstabend an der Nordsee“ von Eugen Dücker (heutiger Standort unbekannt) getauscht. Auf derlei Weise versuchte der Nationalgalerie-Direktor damals, trotz knapper Ankaufsmittel die Sammlung ständig zu modernisieren. | Angelika Wesenberg