Nach der Rückkehr von ihrem Pariser Studienaufenthalt heiratete Zitzewitz den jüdischen Kunsthistoriker und Dürer-Forscher Erich Römer. 1915 wurde die gemeinsame Tochter Ilsemarie geboren. Zitzewitz etablierte sich in Berlin erfolgreich als Porträtmalerin, in ihrem Atelier begegneten sich bedeutende Persönlichkeiten des kulturellen Lebens wie Rainer Maria Rilke, Gottfried Benn, Hedwig Dohm, Franz Mehring, Claire Waldoff und Max Herrmann-Neiße. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Zitzewitz als Ehefrau eines Juden verfolgt, ihre Bilder galten als „entartet“. Nach dem frühen Tod Römers 1934 verbrachte die Tochter ihr Leben an der Seite der Mutter. 1964, nur wenige Jahre nach ihr, starb auch sie. „Für Ilsemarie […] war das Leben im Nazireich nahezu unerträglich. […] Das Erlittene vermochte sie weder zu überwinden noch zu vergessen“ (Heinrich Eugen von Zitzewitz, Augusta von Zitzewitz, Braunschweig 1980, S. 3). Die Innigkeit, die Mutter und Tochter verband, hat Zitzewitz in zahlreichen Bildnissen ausgedrückt, die Ilsemarie in verschiedenen Altersstufen zeigen. Auf dem 1927 gemalten Porträt ist die zwölfjährige Tochter im Sommerkleid an einem Tisch mit Rosenstrauß und Obstschale dargestellt. Ein Buch in den Händen haltend blickt sie, den Kopf leicht geneigt, aufmerksam zu den Betrachtenden. Die kräftigen, leuchtenden, an Werke von Henri Matisse erinnernden Farben des Kleides, der Blumen und Früchte bilden spannungsreiche Kontraste zum dezenten, hellen Hintergrund. | Birgit Verwiebe