Berlins Prachtstraße Unter den Linden war 1647 auf Erlaß des Großen Kurfürsten angelegt worden. Als Schauplatz feierlicher Einzüge der Hohenzollern sowie als Paradeort des siegreichen preußischen Heeres wurde sie die berühmteste Straße der Stadt. Die ›Linden‹, Treffpunkt und Flaniermeile der vornehmeren Bürger, übte auf viele Künstler eine besondere Anziehung aus. Eduard Gaertner, der damals führende Berliner Architekturmaler, stellte die ›Linden‹ zwischen 1829 und 1861 von verschiedenen Standpunkten aus dar. In diesem 1852 auf der Akademieausstellung gezeigten Gemälde ist der Blick in die östliche Richtung festgehalten. Von der Ecke des Akademiegebäudes aus reihen sich links das Palais des Prinzen Heinrich, seit 1810 Universität, die von Christian Daniel Rauch geschaffenen Denkmäler für die preußischen Generäle Scharnhorst und Bülow, aufgestellt vor der Neuen Wache, und dahinter vorspringend das Schlütersche Zeughaus. Schräg im Hintergrund erscheint das Schloß mit der 1852 vollendeten Kuppel von Stüler. Auf der rechten Straßenseite erblickt man die Fassaden der Schloßfreiheit, der Kommandantur, des Kronprinzen- und Prinzessinnen-Palais sowie die Bronzestatue des Generals Blücher. Vom Knobelsdorffschen Opernhaus sind die Hauptfassade mit Säulenportikus und eine Seitenansicht zu sehen. Davor überragt das von Rauch geschaffene, 1851 enthüllte Reiterstandbild Friedrichs des Großen die Gebäude. Hoch zu Roß reitet der König gleichsam auf das Schloß zu, wo soeben eine militärische Zeremonie abgehalten wird. Am Sockel des Denkmals sind die rückwärtig angebrachten Skulpturen preußischer Geistesgrößen sichtbar, die lediglich unterm Pferdeschweif ihren Platz fanden, darunter Lessing und Kant.
Gaertner hat einen Standpunkt gewählt, von dem aus sich das Panorama der preußischen Hauptstadt repräsentativ entfaltet. Die hellen Fassaden der mit Detailgenauigkeit geschilderten Gebäude sowie die im Sonnenlicht flanierenden Passanten verleihen der ›via triumphalis‹ Heiterkeit und Pracht. | Birgit Verwiebe