Mit Hans Sachs, jenem »hervorragenden echt deutschen Manne aus dem Reformationszeitalter« (L. Pietsch, Gustav Spangenberg, in: Westermanns Monatshefte, 37. Jg., 1893, H. 442, S. 462), wandte sich Spangenberg 1871 einer weiteren identitätsstiftenden Figur der deutschen Geschichte zu. Die lederne Schusterschürze noch umgebunden, liest der Meistersinger gerade der Familie, den Gesellen und Gästen seiner Werkstatt aus seinen Gedichten vor. »Es ist ein treues, gemütvolles Sittenbild aus dem Leben des deutschen Bürger- und Handwerkerhauses zur Blütezeit Nürnbergs« (ebd., S. 462). Wie sehr Thema und Ausführung des Bildes das deutsche Nationalgefühl der Zeit ansprachen, belegt die eben zitierte emphatische Rezension von Ludwig Pietsch genauso wie die Erwerbungsgeschichte: Das Gemälde, das sich zunächst in Lütticher Privatbesitz befunden hatte, wurde 1886 der Nationalgalerie auf eine »patriotische Regung« der Eigentümerin hin zum Kauf angeboten. In Zukunft sollte das Bild, das auf der Jubiläumsausstellung der Akademie der Künste 1886 »so viele Bewunderer gefunden« hatte, der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Auch hatte wohl Max Jordan, damals Direktor der Nationalgalerie, der Besitzerin versichert, das Werk wäre »durch kein anderes in der historischen Ausstellung zu ersetzen« (alle Zitate aus einem Schreiben vom 10.11.1886, SMB-ZA, I/NG 1961, Journal-Nr. 1886/871). Zwei Jahre später waren die Ankaufsverhandlungen abgeschlossen und Spangenbergs »Hans Sachs« war seitdem bis 1902 in der ständigen Ausstellung zu sehen. | Regina Freyberger