Fritz Werner hat in den 1870er Jahren mehrfach genau erfaßte Interieurs mit entsprechenden Figuren zu einer charakterisierendenden Genredarstellung verbunden: der Ornithologe, der Bilderfreund, der Präparator und der Bibliothekar. Die letzteren beiden Milieustudien zeigte Hugo von Tschudi in der Deutschen Jahrhundertausstellung von 1906, die der deutschen Kunst von 1775 bis 1875 gewidmet war. Die Momentdarstellung des sich erschrocken bückenden Bibliothekars, dem gerade einige ledergebundene Bände auf den Boden gefallen sind, hatte Tschudi aus der Akademieausstellung von 1905 sicher in Hinblick auf diese Ausstellung erworben. Dargestellt ist ein Seitengang in der berühmten, auch reich mit Skulpturen und Bildern ausgestatteten Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar. Es scheint, als habe Fritz Werner mit dem ungeschickten Bibliothekar im engen Bibliotheksgang ein deutsches Gegenmotiv zum üppigen Interieur im zoologischen Museum in Paris geschaffen, das im Werk »Atelier eines Ausstopfers« (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 934) zu sehen ist. Mit beiden Bildern konnte er zudem seiner Vorliebe für das 18. Jahrhundert Ausdruck verleihen. | Angelika Wesenberg