Alexander von Liezen-Mayer reüssierte in den 1860er Jahren in München mit vorbereitenden Ölstudien zu einer Darstellung der Heiligsprechung der Elisabeth von Thüringen. Der Schüler des damals weitbekannten Historienmalers Carl von Piloty fand seine Themen häufig in der ungarischen Geschichte, in der Bibel und der antiken Mythologie. Bevor er sich in den 1870er Jahren verstärkt der Illustrierung von Prachtausgaben klassischer Dichtungen zuwandte, entstand 1867 die Ölstudie zu der alttestamentarischen Geschichte um Samson und Dalila. Sie zeigt die für die Piloty-Schule charakteristische virtuos offene Malweise und ein sattes rotbraunes Kolorit. Während der biblische Held arglos auf den von der Nacht zerwühlten Laken schläft, ist Dalila, erschrocken über ihre eigene Tat und deren Konsequenzen, mit dem Dolch und Samsons Haupthaar in der rechten Hand dem Betrachter zugewandt. Das zeitlose Thema weiblicher List und Verlust der Macht hat in der Kunstgeschichte lange Tradition und sollte auch nach 1900 noch Maler wie Max Liebermann beschäftigen (vgl. die Arbeiten Liebermanns im Städel Museum, Frankfurt am Main, und im Kunstmuseum Gelsenkirchen). | Regina Freyberger