Im Wald von Fontainebleau, beim Dorfe Barbizon, suchten und fanden in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts viele Pariser Maler ihre Landschaftsmotive. Zu ihnen gehörte der überzeugte Republikaner Théodore Rousseau, einer der ersten, der sich hier alljährlich im Sommer in die Abgeschiedenheit des dörflichen Lebens zurückzog, um vorübergehend der politischen und kulturellen Malaise im Paris der Nach-Juli-Monarchie zu entgehen. Inspiriert von der englischen Landschaftsmalerei, den Werken John Constables, William Turners und Richard Parkes Boningtons, auch angeregt von realistischen Tendenzen der holländischen Landschaftskunst des 17. Jahrhunderts, entwickelte Rousseau zusammen mit anderen Meistern der Schule von Barbizon eine neue Auffassung, die sich gleichermaßen von den idealen Arrangements der heroischen Landschaft des Klassizismus wie von den wilden, idyllischen oder exotischen Übersteigerungen der Romantik unterschied. In ihren Augen waren unspektakuläre Motive wie Flußbiegungen, Sümpfe, Waldränder ›kunstwürdig‹ und sie erhoben sie zum Gegenstand liebevoller Beobachtung. Dem wie zufällig scheinenden Blick auf einen kleinen, still und beschaulich wirkenden Naturausschnitt galt ihr künstlerisches Interesse. Dabei legten sie Wert auf die stimmungsvolle Beleuchtung in diesen ›paysages intimes‹. Meist entstanden diese nicht mehr im Atelier, sondern im Freilicht, zeigten aber gleichwohl eine romantisch gefärbte Atmosphäre, in der die poetische Verklärung des Landlebens aus der Sicht des Städters zutage tritt. In Rousseaus Ausspruch: »Zum Teufel mit der zivilisierten Welt! Es lebe die Natur, die Wälder und die alte Poesie« (zit. nach: Max Liebermann in seiner Zeit, Ausst.-Kat., Berlin 1979, S. 386) ist die antizivilisatorische Haltung des Künstlers auf den Punkt gebracht. – Auf der Rückseite die Skizze eines Holzfällers in weißlicher Ölfarbe. | Gerd-Helge Vogel