Angeregt durch Wilhelm Leibl und Franz von Defregger erfreuten sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts Genreszenen mit Motiven aus den Alpenregionen großer Beliebtheit. Bei Clemens mischt sich die Münchner »Novellenmalerei« (K. Scheffler, Die Nationalgalerie, ein kritischer Führer, Berlin 1912, S. 149) mit der ›Wilderer-Romantik‹ und dem ›Räuber-Genre‹, das in der Nationalgalerie unter anderem durch Theodor Hildebrandts »Räuber« (1829, Inv.-Nr. W.S. 91) exemplarisch vertreten ist.
Der heute mehr als Stifter denn als Maler bekannte Clemens, der seine umfangreiche Sammlung von über 1.600 Gemälden, Plastiken und kunsthandwerklichen Objekten nach dem Ersten Weltkrieg der Stadt Köln vermachte, war selbst leidenschaftlicher Jäger. Den Schwerpunkt seiner Bilderzählung legte er auf die Trauer der jungen Witwe, die unter dem Kruzifix betend zusammengesunken ist. Der Jagdhund kauert zwischen der Trage und den blutigen Binden, und nur durch die offene Tür hindurch sieht man den verunglückten Wilderer und seine im Todeskrampf erstarrte Hand.
Das Gemälde, so Ludwig Pietsch in einer zeitgenössischen Rezension, »hat in all’ seiner Schlichtheit und Pathoslosigkeit eine wahrhaft ergreifende Macht der stummen Beredsamkeit, trotzdem der Hauptsitz des Empfindungsausdruckes, das Antlitz der beiden dargestellten Personen, verborgen bleibt« (Illustrierter Katalog der Königlichen Akademie der Künste, Berlin 1886, S. 183). Das Gemälde wurde auf der Berliner Jubiläumsausstellung 1886 mit der Kleinen Goldmedaille ausgezeichnet. | Regina Freyberger