In Schrimpfs Bild „Zwei Mädchen am Fenster“ sitzt eine der beiden Frauen auf der Fensterbank und blickt nach unten, die andere ist dem Raum zugewandt. Sie gleichen sich in ihrer Gestalt und der ähnlichen Kleidung in Rock und Bluse. Der Blick in die Voralpenlandschaft ist durch die beiden Mädchen verstellt, sodass nur ein kleiner Ausschnitt der grünen Hügel und weißen Bergspitzen im Hintergrund zu erkennen ist. Schrimpf hat es jedoch mit der den Betrachter:innen zugewandten Frau, die seitlich in den Raum gedreht ist, geschafft, die Verbindung zwischen Innen- und Außenraum herzustellen. Die in sich gekehrten Mädchen nehmen das melancholisch anmutende Motiv der romantischen Rückenfiguren auf, das eine innere Besinnung und gleichzeitige Öffnung zur Natur ausdrückt, wie es in den Bildern etwa von Caspar David Friedrich (vgl. zum Beispiel „Frau am Fenster“, 1822, A I 918) und Friedrich Overbeck variantenreich zu finden ist. Das Motiv der am Fenster stehenden Mädchen tauchte in Schrimpfs Werk zwischen 1928 und 1938 immer wieder auf. Hier kombinierte er das für ihn typische Kompositionsschema der monumentalen, häufig in Rückenansicht dargestellten Figuren vor einer Landschaft mit dem Fensterbild (vgl. auch „Selbstbildnis mit Sohn“, A IV 91). | Stefanie Meisgeier