»Ich male einen herrlichen Flamingo«, schrieb Herrmann an seinen Sohn im Januar 1917, »den Traum meiner Nächte, aber er ist verdammt schwer, wie alles« (zit. nach: T. Föhl, C. Herrmann, Ostfildern-Ruit 1996, S. 153). Das Motiv des toten Vogels begegnet in der Stillebenmalerei Curt Herrmanns seit 1912, zuerst vornehmlich mit Studiencharakter in Darstellungen heimischen Wildbrets, sodann während des Ersten Weltkriegs als eigenständiges Thema mit exotischen Vögeln in zumeist lebensgroßem Format. Die durch Kälte und Mangelernährung in den Kriegswintern verstorbenen Tiere wurden ihm durch den damaligen Direktor des Berliner Zoos, Ludwig Heck, zur Verfügung gestellt. In den kläglich verendeten Vögeln, ihren ungewöhnlichen Formen und farbenprächtigem Gefieder fand Herrmann zwischen 1916 und 1918 makabre malerische Motive. Manchmal sind sie ins dekorativ Ästhetische überführt (vgl. »Stilleben mit Flamingo«, Universitätsmuseum Marburg), manchmal, wie in den 1917 entstandenen Bildern »Flamingo« und »Tote Kraniche« (Privatbesitz), sind die auf dem Boden ausgebreiteten leblosen Vogelleiber eher als Memento eines grausamen Krieges zu verstehen. | Regina Freyberger