Der Armeemaler Christian Sell hatte wie sein Düsseldorfer Künstlerkollege Wilhelm Camphausen an den Feldzügen 1866 und 1870 in den Deutschen Einigungskriegen teilgenommen. 1872 schuf er im Auftrag des Kultusministeriums die detailreiche Komposition »Beginn der Verfolgung bei Königgrätz«, ein Programmbild des neugegründeten Kaiserreiches zur Verherrlichung der deutschen Militärmacht. Der Sieg gegen die sächsisch-österreichischen Truppen in der Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 hatte seinerzeit nicht nur den Ausgang des Deutschen Kriegs entschieden, sondern auch den Grundstein für einen deutschen Nationalstaat unter preußischer Vorherrschaft gelegt, der in der Ausrufung des Kaiserreichs 1871 Realität geworden war.
In der Bildmitte, ganz in traditioneller Herrscherpose, reitet der preußische König Wilhelm mit seinem Generalstab auf einem feurigen Rappen über das Schlachtfeld. Diese Apotheose des nunmehrigen Kaisers dürfte bei aller vordergründigen Akkuratesse weniger den historischen Tatsachen geschuldet sein als der politischen Aussage des Bildes. Auch die dargestellten Personen des Generalstabs sind sämtlich identifizierbar (vgl. M. Jordan, Beschreibendes Verzeichniss der Kunstwerke in der Königlichen National-Galerie, Berlin 1876, S. 203). Anläßlich der Ausstellung in der Berliner Akademie urteilte ein Kritiker über das Bild, Sell sei »der Aufgabe nicht gewachsen« gewesen und habe ein »uninteressantes Bild mit unerhört groben Porträtköpfen geliefert« (in: Deutsche Warte, Bd. 4, Leipzig 1873, S. 104). | Regina Freyberger