Inschrift in frühhumanistischer Kapitalis aus dem braunen Randstreifen radiert und mit Silbergelb hinterlegt: WIR• HEFFEN • GVT • WILDT(?)N • WILL • DE • WER • ESSE • GA • TOM • DISCK • DE • KOC • WILL • RICHTEN • AN • (Wer gutes Wild haben will, der wird essen gehen zum Tisch und der Koch wird anrichten). Der Dialekt ist nicht eindeutig, eine Mischung aus Nieder- und Hochdeutsch, mit vereinzelten Anklängen an ripuarische Mundart.
Die Scheibe wurde vermutlich zu Beginn des 20. Jahrhundert rechteckig gefasst und im unteren und oberen Rand mit sechs Fragmenten barocker nicht zugehöriger Glasmalereien kompiliert. Der rote Rand höchstwahrscheinlich neu.
Hauptfigur der Szene ist der Koch, der in ausgeprägtem Kontrapost in der Bildachse steht. Den Kochlöffel in der Rechten, betrachtet er zufrieden die mit Wildbret gefüllte Schale auf dem Tisch, die eine junge Magd gerade aufnimmt, um sie zu servieren. Die Küche ist ein aus großen Steinen gemauerter Raum mit einem auf halber Höhe umlaufenden breiten Sims, das als Ablage für zwei Siebe und eine große runde Schale dient. Die linke Seite nimmt ein Rauchfang ein, unter dem über Holzscheiten zwei große drei- oder vierbeinige Kessel stehen. Eine ähnliche Szene mit einem Koch, der einen Hasen ausweidet, zeigt der Titelholzschnitt von Hans Burgkmair zu einer 1510 erschienenen Predigtsammlung des Johannes Geiler von Kaisersberg. Doch anders als dieses geistreich auf eine theologische Interpretation anspielende Motiv, scheint das Thema des Glasgemäldes schlicht, als versuche es mit den Figuren von Koch und Magd, der Küche und der zubereiteten Speise lediglich den Inhalt der Beischrift wörtlich ins Bild zu setzen. Indem es den Koch bei seiner Arbeit zeigt, reiht es sich in das im 16. Jahrhundert neu entstandene Genre der Berufsdarstellungen ein.
Umschrift, Tisch, Kochlöffel und Holzscheite sowie Details der Kleidung – Hose, Ärmel des Kochs, Mieder, Gürtel und Kragen der Magd – sind silbergelb getönt, Gesichter, Arme und Hände zart mit Eisenrot koloriert. Technik, Stil: Die Szene ist in eher flüchtigen Linien und großzügigen
Lasuren ohne sonderliche maltechnische Raffinesse ausgeführt und bietet kaum Anhaltspunkte für eine regionale Zuordnung, lässt sich allerdings aufgrund des Dialekts der Beischrift an den Niederrhein lokalisieren. Ungefähre Hinweise auf ihre zeitliche Entstehung bietet die Kleidung des Kochs, der wie der Koch auf Burgkmairs Holzschnitt von 1510 ein Wams mit breiten geschlitzten Puffärmeln, eng anliegende Hosen mit Knieschonern und breite, scherzhaft Kuh- oder Ochsenmäuler genannte Schuhe trägt. Das Hausgewand der Magd hingegen – Rock, langärmeliges geschnürtes Mieder mit Stehkragen, Hemd und Brusttuch – war fast das ganze Jahrhundert über aktuell. Unabhängig von den modischen Details möchte man die Ausführung der Scheibe vor allem aufgrund ihres volkstümlichen Stiles jedoch erst um 1540/50 ansetzen.
CVMA 98784