Ein gerasterter Parkettfußboden, hochgezogen bis zum violetten Rand, das glatte Geläuf einer Tanzschule. Im Scheinwerferlicht zwei Mädchen, die stocksteif nebeneinanderstehen und ins Leere blicken. Daneben ein weiteres Mädchen aus gutbürgerlichem Hause, das Gouvernantentum des Kinderfräuleins färbt auf alle drei ab. Langes Hängerkleidchen, rechts mit Schärpe. Die Mädchen schlank und rank bis zur Verpuppung: Beziehungslosigkeit – Monotonie – Langeweile – Schablonenfigur. Ihre Körper gleichen kannelierten dorischen Säulen, die zerschnitten und im Raum versetzt sind. Die Frisur sitzt, doch Kopf und Unterleib gehen nicht zusammen. Es gibt keine Bewegung in der Dreierversammlung der Mädchen, die Gestalten sind flach und zerteilt wie das hölzerne Parkett. In dieses erstarrte „Abenteuer Tanzschule“ schwebt mit flotter Locke von oben die Ballerina herein. Wie der Esel auf dem Eis werden auch die Mädchen auf dem Parkett zu Versatzstücken ihrer selbst, irgendwann wird das Zerstückte und Marionettenhafte schon wieder zusammengehen, in der Synthese aus Automat und Organismus – eine an Oskar Schlemmers „Triadisches Ballett“ aus dem Jahr 1922 erinnernde Metamorphose des Menschen zum Automaten und zur Marionette. | Roland März