Material/Technik
Gehäuse: Konstruktionsholz: Nadelholz, Furnier: Mahagoni; Applikationen, Friese, Figur: vermutlich Lindenholz, geschnitzt, versilbert und teilweise vergoldet; Füllungen: Seidenrips, Atlas; Uhrwerk: Messing, Stahl, Email, Glas; Flötenwerk: Werkstuhl: Eiche, Balganlage: Holz, Leder, Papier; Windkanal: Birnbaum; Windlade: Birnbaum, Birke; Gewichtskanal: Fichte; Walze 1969/80: Erle, Messing; Pfeifen: Zeder, Birke, Gewicht: Blei
Maße
Gesamthöhe: 274,6 cm; unteres Postament: H: 86,3 cm, B: 92 cm; T: 63,7 cm; oberes Postament: H: 56,5 cm, B: 74 cm, T: 54,7 cm; Figur: Höhe: 129,8 cm, davon Plinthe: H: 5 cm, B: 39,5 cm, T: 29 cm; Rückenteil: H: 103 cm, B: 42 cm, T: 14,5 cm
Das runde Vollplatinenwerk aus Messing (D: ca. 15 cm; Tiefe: 5 cm), das unten einen geraden Abschluss hat, trägt das Emailzifferblatt. Es hat glatte zylindrische Werkpfeiler mit kegelförmigen Ansätzen zu den Platinen, ein Rechenschlagwerk mit Halbstundenschlag auf Tonfeder (nummeriert: „6“, später eingebaut, Rechenschlagwerk ursprünglich auf Glocke, Einrichtung für die Glockenhalterung auf der Rückplatine vorhanden), ferner ein Pendel mit Seidenfadenaufhängung (Faden nicht mehr original), Federantrieb, Federhäuser für Geh- und Schlagwerk und eine Clement-Hemmung. Die Lage der Kadratur auf der Rückplatine ist für Kleemeyer durchaus üblich (wie bei Neuenburger Uhrwerken generell), wenn hinter dem Zifferblatt nicht genug Platz ist. Dies ermöglicht eine schnelle Korrektur bzw. Reparatur beim Auftreten von Fehlern. Die Auslösung des Spielwerks durch das Uhrwerk ist nicht mehr vorhanden. In der Rückplatine befindet sich jedoch ein eingenieteter Bolzen, der ursprünglich für einen Hebel zur Auslösung des Spielwerks vorgesehen war. In die Rückplatine eingestempelt sind die Werksnummer „600“ sowie zwei Reparaturnummern: F.7. 25 und 9.191099.
Das Email-Zifferblatt (D: 24 cm) ist schüsselförmig gewölbt. Die Stunden sind mit schwarzen, arabischen Ziffern angezeigt, außerhalb davon die Minuterie mit Sternchen, bei den Fünfminuten vier Punkte als Rhombus und kleinere Ziffern für die Viertelstunden. Über und unter dem Mittelpunkt ist das Zifferblatt mit der Signatur C. E. Kleemeyer IN BERLIN bezeichnet. Hergestellt wurde es von Louis Buzat et Companie in Friedrichsthal bei Oranienburg, dessen Signatur sich im Konter-Email befindet: L B et C. Die Blindplatte ist rückseitig mit mehreren Reparaturzeichen versehen: W.S. 1.2.1895, P 80345, Cm November 1884. Die Zeiger aus Messing sind filigran durchbrochen gearbeitet, fein graviert und feuervergoldet. Die Spitzen laufen in lilienförmigen Ornamenten aus. Die beiden Aufzugslöcher liegen bei der Vier und der Acht. Abgedeckt wird das Zifferblatt mit einem sphärisch gewölbten Glas in einer feuervergoldeten Lünette aus Messingguss.
Das Flötenwerk ist auf einem Werkstuhl (Basisbrett) aus massiver Eiche mit Stirnleisten (H: 3,4 cm; B: 69,3 cm; T: 49,7 cm) montiert, welches links und rechts auf Stellagen aus Nadelholz ruht. Die Balganlage mit zwei Schöpfbälgen und einem Magazinbalg ist darunter angebracht. Der Windkanal (B: 2,8 cm; T: 1,8 cm) verbindet die Balganlage vorne links mit der Windlade, die auf dem Werkstuhl vorne platziert ist. Die Walze lagert hinter der Windlade und das Antriebswerk links von der Walze. Für den Gewichtskanal (B: 26,3 cm; T: 10,5 cm) aus Fichte mittig hinter der Walze ist der Werkstuhl ausgeschnitten. Das Antriebswerk, ein querrechteckiges Messing-Vollpatinenwerk mit balusterförmigen Werkpfeilern, ist um 90 Grad zur Walzenachse versetzt montiert. Die halten die Vorderplatine (H: 25 cm; B: 33,9 cm; Stärke: 4,7 cm) auf einen Abstand von 5,5 cm zur Rückplatine (H: 25 cm; B: 12 cm; Stärke: 0,45 cm), die für die Walze bogenförmig ausgeschnitten ist. Der Antrieb erfolgt über ein Gewicht aus Blei (40 kg) an einem (nicht originalen) Stahlseil, die hölzerne Seiltrommel ist hinter der Rückplatine gelagert. Der Windfang mit hochrechteckigen Windflügeln befindet sich oberhalb des Antriebswerks, die Geschwindigkeitsregelung erfolgt über einen Schneckentrieb. Das Getriebe zur Betätigung der Schöpfbälge befindet sich vor der Vorderplatine. Die Auslösung des Flötenwerks erfolgt manuell über einen Hebel links.
Die Walze ist links in der Vorderplatine des Antriebswerks und rechts in einem Messing-Rahmen (H: 27,5 cm; B: 29,3 cm; Stärke: 0,72 cm; innerer Abstand zur Vorderplatine: 60 cm) mit einer Vierkantachse aus Stahl gelagert. Herausgelöst wird die Walze im Rahmen rechts, wo sich auch die Werksnummer befindet: 310. No. 2. Bei seitlichem Vorschub über eine Schnecke in der Vorderplatine hat die Walze sechs spiralförmige Umdrehungen. Der Clavesbalken aus Messing ist mit für Kleemeyer typischen Flügelschrauben über der Walze festgestellt und hat 58 Claves. 57 davon betätigen, wenn durch einen Stift oder eine Brücke angehoben, einen Stecher zum Öffnen eines Ventils in der Windlade.
Das Flötenwerk hat drei Register in 4-Fuß-Lage (klingender Umfang g-g³), jeweils Labialpfeifen aus Holz: 1. Hauptregister gedackt, 4‘, G/A-e²/fis² g² (35 Pfeifen); 2. zweites Register gedackt, 4‘, g-e²/fis² g² (24 Pfeifen); 3. Flötenregister offen, 4‘, g-e² (22 Pfeifen). Das Hauptregister und das Flötenregister sind nebeneinander auf die gesamte Breite der Windlade gestellt (zusammen 57 Pfeifen): jeweils chromatisch zweireihig versetzt, die tiefsten Pfeifen mittig beginnend, das Hauptregister links, das Flötenregister rechts. Das zweite Register steht chromatisch einreihig direkt vor dem Hauptregister. Es wird, weniger stark intoniert als das Hauptregister, für einen Pianoeffekt im Wechsel mit diesem geschaltet: Mittels Schleifladen, die vom ersten Clavis links aktiviert werden.
Die originale Walze (L: 54,6 cm, D: 20,1 cm) ist aus zehn daubenartig um zehneckige Stirnplatten verleimte Brettchen gedreht (Holzart nicht bestimmt, vermutlich Erle oder Birke), die Stifte und Brücken sind aus Messing. Auf der rechten Stirnseite ist ein Etikett mit den Angaben „Grande Sonate / Allegro et Romance avec / Variations. / Composé par I. Pleyel. / No. 340“ aufgeklebt. Beim „Allegro“-Abschnitt handelt es sich um den ersten Satz des Trios BenP 437 (1790/91), „Romance avec Variations“ entsprechen dem zweiten Satz des Quartetts BenP 321 (1786, 1796/98 wiederverwendet im Trio BenP 459). (Vgl. Tonaufnahme 1967). In den Jahren 1979/80 hat Horst Rase eine weitere Stiftwalze in der Bauweise der originalen angefertigt (L: 54,5 cm; D: 20 cm, Erlenholz) und mit der Komposition „Andante für eine Walze in eine kleine Orgel“ von W. A. Mozart (KV 616, Kürzung nach Mozart, Takt 1 bis 83, 34 bis 41, 125 bis 144) bestiftet. Rechtsseitig ist ein Schild mit Beschriftung aufgeklebt. Diese Walze befindet sich derzeit in der Uhr. (Vgl. Tonaufnahme 1996 und Tonaufnahme 2020). (Marina de Fümel, Sabine Hoffmann, Silke Kiesant)
Reihenfolge der Tonaufnahmen:
1. Originale Walze, Ignaz Pleyel, „Grande Sonate. Allegro et Romance avec Variations. No. 340“. (BenP 437 F-dur, BenP 321 F-dur/459 D-dur), Tonaufnahme 1967 (Urheber: Unbekannt)
2. Nachgebaute Walze (Horst Rase, 1979/80), W. A. Mozart, „Andante für eine Walze in eine kleine Orgel“ F-Dur (KV 616), Tonaufnahme 1996 (Urheber: Unbekannt)
3. Nachgebaute Walze (Horst Rase, 1979/80), W. A. Mozart, „Andante für eine Walze in eine kleine Orgel“ F-Dur (KV 616), Tonaufnahme 2020 (Urheber: Sven Serfling-Krannich)