Der »Legenda Aurea« zufolge lebte Maria Magdalena die letzten dreißig Jahre ihres Lebens als Büßerin in einer Höhle in Südfrankreich. Bei ihrer künstlerischen Darstellung entstand um 1630 der seither gebräuchliche Typus der Vanitas-Meditation: das Bild der reuigen Sünderin in einer Höhle bei Wasser und Brot, mit dem symbolischen Totenkopf in der Nähe und einem selbstgefertigten Kreuz in den Händen. Das von Natale Schiavoni in Venedig gemalte Bild knüpft an diese Tradition an, wobei auch bei ihm – wie häufig bei einschlägigen Themen der Barockzeit – der religiöse Inhalt hinter der Freude an der Darstellung der sparsam bekleideten Sünderin zurücktritt. Wegen seiner anmutigen Frauenbildnisse wurde Schiavoni auch »il pittore delle grazie« genannt (La Moda, 5. Jg., 1840, H. 4, S. 163). Der Sammler Wagener hatte 1853 Oberitalien bereist; möglicherweise fand bei dieser Gelegenheit der Ankauf des Bildes statt. Eine frühere Version war auf der Wiener Kunstausstellung 1832 zu sehen und gelangte ins Kunsthistorische Museum in Wien, eine weitere Fassung aus dem Spätwerk Schiavonis befand sich in der Sammlung Galvagni, Wien (vermutlich zuletzt versteigert bei Sotheby’s London, Auktion vom 31.10.1996, Los 142). | Angelika Wesenberg