Die sitzende „Angorakatze“ vertritt denjenigen Motivkreis, der für das Gesamtschaffen Steinlens neben sozialkritischen Figurendarstellungen am wichtigsten und charakteristischen ist: Der Künstler zeichnete zahllose Katzen in verschiedenster Bewegung und im Schlaf. Das undurchdringliche Wesen und die dekorative Wirkung dieser Tiere reizten ihn gleichermaßen. Eine direkte Abhängigkeit der vorliegenden „Angorakatze“ von konkreten (Vor-)Zeichnungen konnte nicht festgestellt werden. Besonders verwandt sind allerdings Katzendarstellungen auf Plakaten, etwa auf jenem, das Steinlen anlässlich der Ausstellung seiner eigenen Werke in Paris 1894 entwarf, und auf dem für das Schattenspieltheater des Kabaretts „Chat noir“ am Montmartre von 1896. Steinlens Skulpturen, deutlich weniger bekannt als seine Grafik, Plakatkunst und Malerei, bilden eine zahlenmäßig kleine Gruppe. Die weitaus meisten von ihnen befinden sich in Privatbesitz sowie im Pariser Musée d’Orsay, das auch eine weitere Fassung der „Angorakatze“ verwahrt. Als Datierung dieser Arbeiten wird im Allgemeinen „zwischen 1895 und 1923“ angegeben, das Exemplar der Nationalgalerie gelangte 1906 durch Schenkung in die Sammlung. | Bernhard Maaz