Pandora, die von den griechischen Göttern „Allbeschenkte“, von Hephaistos zum verführerischen Weib geformt, von Zeus als „schönes Übel“ den Menschen zur Strafe gesandt. Trotz Warnung des Prometheus nahm Bruder Epimetheus sie zur Frau, sie öffnete ein Fass, dem alle Übel entstiegen, nur die Hoffnung blieb der Menschheit übrig. Nach einer Zeichnung im Jahr 1920 mit dem gleichen Sujet (Privatsammlung, Schweiz) entstand nur wenig später. Um keinen Zweifel an seinem mythologischen Motiv zu lassen, hat Klee ganz oben den Namen „Pandora“ geschrieben. Das Stillleben „schwimmt“ auf verlaufendem Burgunderrot, kontrastiert durch stechendes Gelbgrün, es dominiert allein die vieläugige Pandora, mit dem Mund als Vagina und den henkelartigen Ohren zur grotesken Amphora, zum unheilschwangeren Kopf-Stillleben verwandelt. Bei Klee verkörpert die Pandora das Übel, das über die Welt kommt, sie ist aber zugleich die ihr Gegenüber versteinernde Gorgo Medusa und die männerfressende Nymphomanin. Aus dem offenen Kopfgefäß strömt giftiges Parfüm, an dessen tödlichem Dunstkreis die morbide Farbigkeit höchsten Anteil hat. Klee hat das Blatt mit der Notiz „S.Kl.“ (Sonderklasse) versehen und es als unverkäufliches Ausnahmeblatt der Wasserfarbenmalerei bis zu seinem Tode in seiner privaten Sammlung aufbewahrt. | Roland März