Hermann Seeger hatte zunächst in Halberstadt als Lehrer unterrichtet, bevor er sich in den 1880er Jahren der Malerei zuwandte und später sogar Direktionsassistent der Berliner Akademie wurde. Das anrührende Bild »Ruhe auf der Flucht« von 1906 zählt zu seinen wenigen religiösen Arbeiten. Im Sinne volkstümlicher Frömmigkeit zeigt es in engem Ausschnitt und großer Nahsicht die auf einer sommerlichen Lichtung rastende Maria mit dem Jesusknaben, zu dessen Ehren die vier Engelskinder musizieren. Die reich bestickten Gewänder der Engel sind von der italienischen Malerei des Quattrocento angeregt.
Wohl als Reaktion auf Hugo von Tschudis progressive Ankäufe aus der Jahrhundertausstellung wurde auf Erlaß des Kultusministeriums 1906 auch Seegers »Ruhe auf der Flucht« aus der Großen Berliner Kunstausstellung erworben und an die Nationalgalerie überweisen – wo es allerdings nie zu sehen war. Tschudi gab das Bild unmittelbar nach dem Ankauf als Leihgabe an das 1904 gegründete Kaiser-Friedrich-Museum der Stadt Görlitz. | Regina Freyberger