1919 kehrte Hellwag aus englischer Internierungshaft nach Deutschland zurück. In Eutin, wo er seine Jugend verbracht hatte, stellte ihm der Herzog von Oldenburg für zwei Jahre Räume im Schloss zur Verfügung. Hellwag hatte 1904 den Oldenburger Künstlerbund mitgegründet, er war also kein Unbekannter. In der Zeit nach seiner Rückkehr mag die Ansicht von Heiligenhafen (A IV 639) entstanden sein, das wie Eutin in Ostholstein liegt, auf der Halbinsel Wagrien an der Ostsee. Der Maler selbst nannte – so wie hier – die dargestellten Orte häufig auf der Rückseite der Bilder. Schon um 1910 hatte er zu koloristischer Vereinfachung gefunden: Die Hafenansicht wurde in dünner Ölfarbe, fast aquarellartig in deutlich voneinander abgesetzten Farben ausgeführt, der Pinselstrich ist sichtbar gelassen. Ein zweites, dem Motiv nach ähnliches Bild (A IV 637) ist sicher ebenfalls in Norddeutschland geschaffen worden, worauf der Kirchturm aus rotem Backstein nahe dem Hafenbecken verweist. Das Gemälde entspricht wohl schon einer späteren Stilstufe, der kraftvollen Stilisierung und dem deutlichen Gegeneinander von Blau und Rot, von Grün, Weiß und Schwarz nach zu schließen. Hellwag blieb nicht in Eutin: Bereits 1920 bot ihm das neu gegründete preußische Kultusministerium in Berlin ein Atelier in der Akademischen Hochschule für die bildenden Künste an. Hier zeigte er noch im selben Jahr eine Ausstellung der in England entstandenen Arbeiten. Und er sann erneut auf kulturellen Austausch. Auf sein Betreiben hin beteiligte sich Preußen 1925 an der Herbstausstellung der British Society of Painters, Sculptors and Gravers in London und zeigte erstmals nach dem Krieg wieder deutsche Kunst, darunter Bilder von Adolph Menzel und Fritz von Uhde aus der Nationalgalerie. | Angelika Wesenberg