Als das Gemälde „Abfahrt der Schiffe“ entstand, lebte Klee als Bauhausmeister in Dessau. In der maritimen Szene verschmolz er die Tradition des Seestücks mit der Romantik eines Nachtstücks. Mit gehissten Segeln sticht die kleine Flotte aus vier Schiffen ins dunkle Meer. Das Schwarz der Nacht verschluckt selbst den Horizont, nur der schwache Lichtkegel des blauen Vollmonds lässt rechts unten Wellen erkennen. Im Bilddenken Klees, in dem alles Irdische auch immer ein Stück des Kosmischen darstellt, gerät die Schiffsfahrt zur Metapher der Lebensreise. Der Mensch im Boot, unterwegs zwischen Aufbruch und Ankunft, erfährt symbolhaft die vielfältigen, konträr wirkenden Kräfte, die sein Dasein bestimmen: die eigene Bewegung und das Vorwärtswollen (hier im roten Pfeil verknappt), das Tempo des Gefährts im schaukelnden Wettstreit mit den Naturgewalten, die Rotation der Erde im Gefüge der Gestirne. In seinem Aufsatz „Schöpferische Konfession“ von 1920 beschreibt Klee das Phänomen der Schiffsreise als ebensolches Kräftespiel: „Ergebnis: Ein Gefüge von Bewegungen im Weltall, als Zentrum das Ich auf dem Dampfer“ (Paul Klee, Schriften. Rezensionen und Aufsätze, hrsg. v. Christian Geelhaar, Köln 1976, S. 120). | Christina Thomson