Tiefe glatte Form auf Standring. Reliefierte Aufglasurmalerei in Schwarz, Gelb, Beige, Türkis, Grün, Blau, Rosa und Weiß. Im Zentrum ein sternförmiges schwarzes Ornament, umgeben von einer großen sechsteiligen Blütenform, die mit kleinteiligem bunten Arabeskenwerk auf hellem Grund gefüllt ist. Die Fahne ziert eine Bordüre mit Steckwerk aus eckig gebrochenen Farbstreifen.
Léon Parvillée war Baukeramiker und Publizist in Paris. Er setzte sich intensiv mit islamischer Baukunst in Istanbul auseinander und erhielt 1863 von der osmanischen Regierung den Auftrag, islamische Bauten in Bursa zu restaurieren. Die Iznik-Fliesenkunst der dortigen Moscheen des 15. Jahrhunderts inspirierte ihn zu eigenen Arbeiten. Er publizierte sie 1874 in einem Buch mit dem Titel "Architecture et décoration turques au quinzième siècle". Der Dekor der Platte ähnelt einer Rosette aus der "Grünen" Moschee in Bursa, die er in seinem Buch publizierte, jedoch ohne diese zu kopieren. Aufgegriffen wird auch die an Emailkunst erinnernde keramische "cuerda seca"-Technik ("trockene Schnur") orientalischer Fliesendekore, bei der sog. tote Ränder aus einer fetthalten Substanz verhindern, dass die Schmelzfarben beim Einbrennen ineinanderlaufen.
Mit seinen orientalisierenden Baukeramiken und Ziergegenständen hatte Parvillée in Europa großen Erfolg. 1867 erhielt er von der türkischen Regierung den Auftrag, auf der Pariser Weltausstellung den Repräsentationsbau des Osmanischen Reichs in Gestalt einer Moschee zu errichten. Er führte eine Firma in Paris, die nach seinem Tod 1885 auf seine beiden Söhne Achille und Louis überging ("Parvillée Frères et Cie").
Die auf der Unterseite mit dem Schriftzug "LEON PARVILLEE" gemarkte Platte erwarb das Berliner Kunstgewerbemuseum 1873 auf der Weltausstellung in Wien.
Lit.: Barbara Mundt: Historismus. Kunsthandwerk und Industrie im Zeitalter der Weltausstellungen (=Kataloge des Kunstgewerbemuseums VII), Berlin 1973, Kat. Nr. 55.