1892 in München geboren, kam Cassel 1909 nach Dresden. Dort setzte er seine zuvor in Erfurt begonnene Ausbildung an der Kunstgewerbeschule fort, in deren Verlauf er Otto Dix, Otto Griebel und Bernhard Kretzschmar kennenlernte. Nach dem Ersten Weltkrieg bewegte er sich im Kreis der Dresdner Sezession Gruppe 1919, ohne dass er dieser beigetreten wäre. 1921 zog er sich mit seiner jungen Familie nach Wehlen in der Sächsischen Schweiz zurück. Fortan verlebte er die Sommermonate in einem einfachen Schmiedehaus im Steinbruch. War der Ortswechsel ursprünglich finanziell motiviert, wurden die unmittelbare Nähe zur Natur und die Zivilisationsferne mehr und mehr zum Bedürfnis, welches sich auch künstlerisch Bahn brach. Dabei bediente sich Cassel alternierend Ausdrucksweisen, die expressionistisch, von Emil Nolde, aber auch naiv geprägt sein konnten. Eine lineare Entwicklung des Œuvre gab es nicht; mit diesem Stilpluralismus überraschte Cassel schon seine Zeitgenossen. Unmittelbare Naturerfahrung ist auch in dem Bild „Sturm auf Hiddensee“ das Thema. Zwei Figuren beschauen die überwiegend in intensiven Blau- und Grüntonen gehaltene Szenerie, die durch die grelle Beleuchtung von Laubwerk und Haus im rechten Vordergrund dramatisch aufgeladen ist. Ohne den roten wehenden Mantel der linken Figur würde das Paar farblich und gestalterisch vollständig in die Komposition eingebunden sein und somit in Gänze in diesem Naturschauspiel aufgehen. Ein Aufenthalt Cassels auf Hiddensee lässt sich für 1927 nachweisen, ob er auch im Folgejahr dort weilte oder es sich hier um eine künstlerische Nachlese handelt, ist nicht feststellbar. | Katharina Wippermann