Ein Jahr vor dem Tod von Heinrich Zille (1858–1929) schuf Kraus die Büste des stadtbekannten Berliner Grafikers, Malers und Fotografen. Zusammen mit der bereits 1898 entstandenen Statuette (Kriegsverlust) legt sie Zeugnis einer lebenslangen Künstlerfreundschaft ab. Zille hatte noch vor seinem eigenen Durchbruch als Künstler dem Bildhauer Modell gestanden und war 1898 von Kraus in der Assistenzfigur „Wedigo von Plotho“ am Denkmal „Markgraf Heinrich das Kind“ an der Siegesallee in Berlin (heute als Fragment in der Zitadelle Spandau) verewigt worden. Mit zerzaustem Haar, einem kritischen Blick und spöttischem Schmunzeln auf den Lippen porträtierte Kraus 1928 abermals den sozialkritischen und lokalpatriotischen Beobachter Zille. Die auf einem Marmorsockel montierte Büste wurde in unbekannter Auflage gegossen und mehrfach ausgestellt. Der Erwerb dieses Exemplars aus dem Kontext der „Galerie des 20. Jahrhunderts“ geht auf eine Initiative der Berliner Bank zurück, die die Mittel zur Verfügung stellte. Ein anderer Guss wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Berliner Stadtschloss geborgen und der Nationalgalerie (Ost) zur Aufbewahrung übergeben (Verbleib unbekannt), das Wachsmodell wird hingegen vom Georg Kolbe Museum, Berlin, verwahrt zusammen mit einem Teilnachlass August Kraus’. | Yvette Deseyve