Mit diesem Blatt hat Klee 1921 eine deftige, ironische Travestie des „Bocks“ und seiner lüsternen Begierden gefertigt: Ein rothaariges Frauenwesen mit spitzer Nase lässt wollüstig seine nackten Rundungen auf der Nase des Bocks spielen. Dessen Maul klafft in einfältiger Bewunderung, an zwei jämmerlichen Zähnchen baumelt der vertrocknete Blumenstrauß. Vorbei sind die Zeiten der Rosen. Der biedere Bock muss sich mit der Nackten begnügen, die ihm auf der Nase herumtanzt. Damit hat Klee den Bock zum Gärtner der Wollust gemacht, der jedoch nur trockenes Stroh erntet. Immer wieder beschäftigte sich der Künstler in seinen Werken mit dem Topos der aufreizenden, verführerischen Frau (vgl. etwa „Die Büchse der Pandora als Stillleben“, NG MB 106/2000; „Wissen, Schweigen, Vorübergehn“, NG MB 116/2000, oder „Der Verliebte“, NG MB 121/2000). Über sein Verhältnis zu Sexualität und Frauen geben einige Tagebucheinträge tiefen Einblick. So notierte er etwa 1915: „Die Ehe faßte ich als sexuelle Kur auf. Meine romantischen Triebe nährt ich vom sexuellen Mysterium aus. Ich fand in der Monogamie jenes Mysterium mitberührt, und das konnte genügen“ (Paul Klee, Tagebücher, 1898–1918, Köln 1979, S. 326, Nr. 958). Klee war Anfang vierzig, als er seinen „Bock“ 1921 in Weimar zeichnete. Vielleicht ist das Werk auch ein launiger Akt der Selbstironie: Wer macht sich schon in den besten Mannesjahren selbst zum „alten Bock“? | Roland März