Zu den wenigen US-amerikanischen Künstlern, die 1942 auf Einladung von André Breton an der Ausstellung „First Papers of Surrealism“ in New York teilnahmen, gehörte Baziotes. Zusammen mit Roberto Matta, Robert Motherwell, Jackson Pollock und anderen Freunden hatte er bereits im Winter 1940/1941 damit begonnen, die automatischen Techniken der Surrealisten zu erproben – auf der Suche nach Freiheit und Inspiration. Auf dem vorliegenden Blatt begegnen sich zwei Darstellungssysteme, die diesem Ziel in gewisser Weise entsprechen. So eröffnen die mit grüner Aquarellfarbe umrissenen Felder nicht näher definierte Freiräume, die sich teilweise präzise rahmend und – paradoxerweise – gerade dadurch räumliche Tiefe suggerierend über die mit schwarzer Tusche aufgetragene, konsequent in den zwei Dimensionen der Fläche verbleibende Zeichnung legen. Die Lineamente im linken oberen Teil lassen an eine zinnenbekrönte Mauer denken, auf der eine phallusförmige Figur mit einer Art Mütze und fliegenden Haaren erscheint, während die restlichen Formen nur vage an menschliche Körper oder Landschaften erinnern, sofern es sich nicht um abstrakt geometrische Figurationen handelt. In diesem Netz assoziativ miteinander verknüpfter Konfigurationen erstarrt nichts zum reinen Ornament – den Betrachter:innen obliegt es, die geistigen Freiräume zu betreten, die Baziotes ihm offeriert, und die Gebilde des Künstlers nach eigenem Gutdünken inhaltlich zu aktivieren. | Kyllikki Zacharias
