Schrimpfs erste Ehefrau, die Malerin Maria Uhden, war im Jahr 1918 an den Folgen der Geburt des gemeinsamen Sohnes Markus gestorben. Nach ihrem tragischen Tod griff der Künstler immer wieder auf das Thema Mutter mit Kind zurück. Auch in diesem Werk, in dem er sich allein mit dem zweiten Sohn, Peter (1924–1943), zeigt, ist die in seinem Œuvre stetig begleitende Melancholie, die von dem Schicksalsschlag ausging, zu spüren. Vor dem geöffneten Fenster, durch das der Blick in die weite Landschaft des Münchner Umlandes schweift, sitzt der Maler, die Betrachter:innen anschauend, vor einer Leinwand. Sein im Profil wiedergegebener Sohn, der wie der Vater in ein weißes Hemd und einen Pullover gekleidet ist, wirkt wie ein junges Abbild des Künstlers. Konzentriert sieht der Junge auf das Bild, in seiner Haltung verkörpert er jene in sich gekehrte, ruhige Aufmerksamkeit, die auch den Vater kennzeichnet. Der Maler hält seinen rechten Arm eng am Körper, was offenbart, dass er in diesem Moment seine Arbeit kurz unterbrochen hat, um den Blick zu den Betrachter:innen zu wenden. Das Doppelporträt vor dem geöffneten Fenster reiht sich in die Fensterbilder Schrimpfs ein (vgl. etwa „Zwei Mädchen am Fenster“, A IV 92), deren aus der Renaissance stammende Ikonografie der Künstler auf seinen mehrfachen Italien-Reisen studiert hatte. | Stefanie Meisgeier
