„Ich stamme noch aus einer Zeit, wo einen Beruf ergreifen, und noch dazu einen künstlerischen, für ein jüngeres Mädchen aus ‚besseren‘ Kreisen eine Unmöglichkeit war“ (Schaffende über sich selbst: Augusta von Zitzewitz, in: Der Bazar. Illustrierte Damenzeitung, 79. Jg. [1933], H. 14, S. 21). Zitzewitz entstammte einer preußischen Adelsfamilie, ihr Vater war Adjutant Kaiser Wilhelms II., ihre Mutter kam aus England. Mit acht Geschwistern wuchs sie zweisprachig auf. Ihrem Wunsch, Malerin zu werden, begegnete die Familie zunächst mit Skepsis. Erst mit 27 nahm sie Unterricht an der Zeichen- und Malschule des Vereins der Berliner Künstlerinnen unter George Mosson. 1912 ging Zitzewitz nach Paris und studierte dort bei Henri Le Fauconnier, Jean Metzinger und André Dunoyer de Segonzac. Sie schloss sich der deutschen Matisse-Schule an und verkehrte mit dem Künstlerkreis des Café du Dôme, zu dem auch der aus Bulgarien stammende Maler Jules Pascin (Julius Mordecai Pinkas; 1885–1930) gehörte, mit dem sie sich befreundete. 1912 und 1913 schuf sie die beiden Bildnisse Pascins, die sich durch expressive Farbigkeit, Pastosität und einen furiosen Pinselduktus auszeichnen. Während das frühere Werk (B 32/30) den Maler in Halbfigur zeigt, ein Buch in den schlanken, überlangen Händen haltend, konzentrierte sich Zitzewitz in dem ein Jahr später entstandenen Porträt (B 706) vor allem auf den Gesichtsausdruck und den eindringlichen Blick des Freundes, der seinen Kopf auf die linke Hand stützt – wohl ein Ausdruck von Melancholie. | Birgit Verwiebe
